Frankfurter Rundschau, 20.1.2000 Striktere Regeln für Waffenexport Bundesregierung beschließt ihre neuen Richtlinien Von Helmut Lölhöffel Deutsche Rüstungsexporte sollen künftig nicht mehr genehmigt werden, wenn der Verdacht besteht, dass die Ausfuhren in den Empfängerländern zu "systematischen Menschenrechtsverletzungen" missbraucht werden. Das hat das Bundeskabinett beschlossen. Aus Union und Industrie wurde heftige Kritik geäußert. BERLIN, 19. Januar. In wenigen Wochen will die Bundesregierung ihren ersten Bericht über Rüstungsexporte vorlegen. Das kündigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Siegmar Mosdorf (SPD), am Mittwoch im Bundestag an, nachdem das Kabinett neue politische Grundsätze für Rüstungsexporte verabschiedet hatte. Die Genehmigung deutscher Rüstungsexporte wird demnach an die Bedingung geknüpft, dass die Abnehmerstaaten Menschenrechte beachten und durch Rüstungskäufe die innere Entwicklung dieser Länder nicht gestört wird. Außerdem verpflichtet sich die Regierung, jährlich über die Zahl der Ausfuhranträge und der erteilten Exportgenehmigungen von Rüstungsgütern zu berichten. Bei internationalen Rüstungskooperationen behält sich die Bundesregierung Einwirkungsmöglichkeiten auf die Lieferung vor. Wenn Länder ohne Einwilligung der Regierung aus Deutschland gekauftes Kriegsgerät weiter verkaufen, werden sie von weiteren Lieferungen ausgeschlossen. Die Exportrichtlinien, die in ihrer jetzt vorliegenden Fassung vom Parlament nicht bestätigt werden müssen, sind nach dem Streit in der Regierungskoalition über die Testpanzer-Lieferung in die Türkei ausgearbeitet worden. Unter der Leitung des außenpolitischen Kanzler-Beraters Michael Steiner haben Fachleute mehrerer Ministerien sowie der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, und die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, Claudia Roth (Grüne), mitgewirkt. Steiner sprach von einer "vernünftigen Synthese" wirtschaftlicher und humanitärer Interessen. Roth sagte, es seien "deutliche Verbesserungen erreicht" worden. Die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), stellte heraus: "Die Einlösung entwicklungspolitischer Ziele ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zu weltweiter Krisenprävention." Nach Ansicht des verteidigungspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion, Paul Breuer, droht dagegen "großer Schaden für deutsche Interessen". Die neuen Richtlinien - die sich außer auf Lageberichte des Auswärtigen Amtes auch auf Beurteilungen von Menschenrechtsgruppen stützen sollen - seien keine verlässliche Grundlage für Exportentscheidungen. Der Bundesverband der deutschen Industrie warnte vor einem "Verlust wehrtechnischer Industriekapazitäten" und kritisierte den "nationalen Alleingang". |