web.de, 23.1.2000 Kritik an Behandlung unbegleiteter Kinder im Asylverfahren Minderjährige oft wie Erwachsene behandelt - Einführung europaweiter Standards gefordert München (AP) Kinder, die allein nach Deutschland flüchten und um Asyl bitten, sind nach Ansicht von Fachleuten nur unzureichend geschützt. Sie würden oft wie erwachsene Flüchtlinge behandelt, erklärte Albert Riedelsheimer vom Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF) am Samstag in München. Der Bremer Verband hatte Politiker, Flüchtlingsräte, Mitarbeiter von Wohlfahrtsorganisationen und aus der Jugendhilfe zu einem Symposium geladen, um ein Aktionsbündnis zur Verbesserung der Rechtslage aufzubauen. Nach Ansicht von Riedelsheimer, der als Mitarbeiter des Katholischen Jugendsozialwerks Vormund von Kinderflüchtlingen ist, soll jeder Asylsuchende unter 18 Jahren einen Vormund erhalten, der mit ihm das Verfahren bestreitet. Das geltende Asylrecht aber lasse alle ohne Begleitung eingereisten Jugendlichen ab 16 Jahren im Verfahren allein. Eine weitere Forderung des UMF lautet, die unbegleiteten Kinderflüchtlinge aus dem Flughafenverfahren heraus zu nehmen. Sie sollten ins Land einreisen dürfen, damit für ihre Unterbringung und ihre Pflege ausreichend gesorgt sei und ihr Status geklärt werden könne. Es sei außerdem unerträglich, dass derzeit Kinder länger als die gesetzlich vorgeschriebene Höchstdauer von 19 Tagen im Flughafenverfahren festgehalten werden könnten. Diese Frist beginne bei Kindern erst, nachdem für sie ein gesetzlicher Vormund gefunden sei. Der Verband will nach Angaben Riedelsheimers durchsetzen, dass künftig nicht mehr Ausländerämter das Alter von Kindern überprüfen und in eigener Entscheidung bestimmen können. Dies solle nur noch in einem rechtsstaatlichen Verfahren beim Vormundschaftsgericht geschehen. Anstatt während des laufenden Asylverfahrens nur geduldet zu sein, sollten Kinderflüchtlinge auch von Anfang an eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Dann hätten sie Zugang zu Schul- und Berufsausbildung. Bislang liege die Entscheidung darüber noch im Ermessen einzelner Beamter. Nach UNICEF-Schätzungen leben in Deutschland 5.000 bis 10.000 unbegleitete Kinderflüchtlinge. Viele von ihnen seien vor Bürgerkrieg, vor Gewalt und Missbrauch geflüchtet. Solche Fluchtgründe aber erkenne das geltende Recht in der Regel nicht an, beklagte Riedelsheimer. Auch die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ekin Deligöz, setzte sich als Mitglied in der Kinderkommission auf dem Symposium für die Umsetzung dieser Forderungen in geltendes Recht ein. Sie sind den Angaben zufolge von der internationalen Organisation «Separated Children in Europe» als Standards formuliert worden. Der UMF fordert, dass sie in das zu schaffende europäische Asylrecht Eingang finden. |