Walsroder Zeitung, 24.1.2000 Abschiebungen von Ausländern soll erleichtert werden Hamburg (dpa) - Die Diskussion um Ausländerpolitik in Deutschland hat am Wochenende möglicherweise neuen Zündstoff erhalten. Eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung und der Länder sucht nach Informationen des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» nach Wegen, die Abschiebung von Ausländern zu erleichtern. Die Türken in der Bundesrepublik kritisierten bei einem Kongress, dass sie nach wie vor nicht dieselben Rechte haben wie die Deutschen. Laut «Spiegel» werden von der deutschen Politik auch massive Methoden der Ausweisung von Ausländern erwogen. Die Experten sollten vor allem ein effizienteres «Rückkehrmanagement» für die Ausländer finden, die keine Angaben über ihre Herkunft machen oder deren Heimatstaaten die Rückführung behindern, hieß es. Eine offizielle Bestätigung für solche Überlegungen gab es nicht. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Prof. Hakki Keskin, sagte am Samstag bei der Bundesdelegiertenkonferenz seiner Organisation in Hamburg, von der Gleichberechtigung seien die 7,3 Millionen türkischen Einwanderer noch weit entfernt. Das neue Einbürgerungsrecht gehe für viele Migranten nicht weit genug. Mehr Respekt vor den kulturellen Eigenheiten der in Deutschland lebendenden Minderheiten forderte die Ausländerbeauftrage der Bundesregierung, Marieluise Beck. Dazu gehörten moslemischer Religionsunterricht sowie die Einrichtung moslemischer Friedhöfe. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) warnte bei der Konferenz vor einer selbstgewählten «Gettoisierung» der in Deutschland lebenden Ausländer. «Ich will hier keine Ortschaft mit deutschen und türkischen Ortsschildern, keine Exklave der Türkei in Deutschland», sagte der SPD-Politiker. «Das historische Experiment der Integration» werde auch in Zukunft Probleme für beide Seiten mit sich bringen. Er sei deshalb weiterhin für die begrenzte Zuwanderung nach Deutschland. Schily und Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) wiesen auf die «überragende Bedeutung guter Deutschkenntnisse für Integration und Gleichberechtigung hin». «Wer stumm ist, der ist ausgeschlossen von politischer Teilhabe, von kultureller Teilhabe», sagte Runde. Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedman, rief zu einem «jüdisch-moslemisch- christlichem Trialog» in Deutschland auf. Für ein Miteinander sei Respekt voreinander nötig. «Dabei sind die Minderheiten auf die Mehrheiten angewiesen», betonte Friedman. Die Türkische Gemeinde in Deutschland versteht sich als parteipolitisch unabhängige Interessenvertretung der rund 2,3 Millionen in der Bundesrepublik lebenden Türken. Sie repräsentiert rund 200 deutsch-türkische Vereine. Ziele der TGD sind die rechtliche, soziale und politische Gleichstellung der türkischen Einwanderer, die Integration der kulturellen Minderheiten und der Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und Diskiminierung. |