Kieler Nachrichten, 25.1.2000 Deutschlands Wirken im Nahen Osten Hofers Freilassung ist Folge umfangreicher Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes Jerusalem - Deutschlands BND hat wieder mit Erfolg Fäden zwischen Erzfeinden gezogen. Im Viereck Teheran, Berlin, Hisbollah und Jerusalem haben Schröders anonyme Leute im Namen humanitärer Hilfe auch politische Wege geebnet. Der zum Tode verurteilte deutsche Geschäftsmann Wolfgang Hofer landete sicher in Frankfurt. Die von ihm entrichtete "Geldstrafe" entsprach fast bis auf die Mark der Buße, die zwei iranische Spione in Berlin vor ihrer Heimkehr zahlten, anstatt eine langjährige Haftstrafe abzusitzen. "Das ist ein rein bilaterales Geschäft", meint ein anerkannter deutscher Nahostexperte. Aber ein entsprechender israelischer Kenner glaubt nicht an "Zufälle". Denn während auf der Achse Berlin-Teheran Altlasten bereinigt werden, kam es zwischen der von Iran "beeinflussten" schiitischen Hisbollahbewegung im Libanon und dem "zionistischen Erzfeind" ebenfalls zu "befreienden" Entwicklungen. Hisbollahchef Scheich Nasrallah hat Kanzler Schröder für die "professionellen" Leute gedankt, die der in den Libanon geschickt habe. Zu Weihnachten begann eine Serie "freundlicher Gesten", wie es sie zwischen der "Partei Gottes" im Südlibanon und dem Staat Israel seit zwei Jahrzehnten nicht gegeben hat. Stillschweigend einigten sie sich mit deutscher Vermittlung auf einen dreitägigen Waffenstillstand. Ohne große Vorankündigung entließ Israel Geiseln und Gefangene. Unter den nach Frankfurt ausgeflogenen Libanesen befand sich auch ein Zollbeamter, der bei seiner Geiselnahme 15 Jahre alt war. Von Israel wurde er als "Faustpfand" festgehalten, um Informationen über das Schicksal des 1986 über Libanon abgestürzten Phantom-Navigators Ron Arad zu erhalten. Ron Arad ist längst zu ein Volksmythos geworden. Staatsgäste werden verpflichtet sich bei seinen "Freunden" in Damaskus, Teheran oder Beirut nach Arad zu erkundigen. Solange Arads Tod nicht nachgewiesen sei, gilt er als lebendig. 1989, als sich Arad in der Gewalt des Mustafa Dirani in der libanesischen Bekaaebene befand, gelangten ein letztes Foto und ein Brief von Arad nach Israel. Schröders Vertrauensleute konnten erstmals der Hisbollah ein ernsthaftes Versprechen abringen, Ron Arad zu suchen. Gegenüber dem deutschen Nachrichtenmagazin redete Scheich Nasrallah von der deutschen Vermittlung und den "humanitären Gründen" für die Suche nach dem "Grab des israelischen Piloten". Deutsche Vermittlung hat in diesem Feld schon Tradition. Anders als die Amerikaner oder Franzosen, gelten die Deutschen als "neutrale Macht". Kanzler Kohl war der einzige ausländische Politiker, mit dem Baraks Vorgänger Benjamin Netanjahu eine ungebrochene Freundschaft pflegte. Kohls oberster Terrorbekämpfer Bernd Schmidtbauer krönte seine erfolgreich abgeschlossenen Tauschgeschäfte zwischen Israel und Libanon - meistens Leichenteile für Gefangene - mit Pressekonferenzen. Schröders BND-Herren bleiben namenlos, scheinen aber ebenso "effizient und professionell" zu sein, wie Nasrallah lobte. ULRICH W. SAHM
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