Die Welt, 29.1.2000 Asylpolitik: Union will Schily zum Offenbarungseid zwingen Innenminister soll sich zur Europäisierung erklären Von Armin Fuhrer Berlin - Noch stecken die Christdemokraten im tiefsten Tief des Spendensumpfs - doch die Fraktion blickt schon wieder nach vorne. Spätestens in den Februarsitzungswochen des Bundestags will sie wieder in die Offensive kommen. Dann wollen sich CDU und CSU einen der Lieblingsminister von Kanzler Gerhard Schröder vornehmen: Innenminister Otto Schily. Mit einem Antrag zum Thema Europäisierung des Asylrechts soll der SPD-Minister zum politischen Offenbarungseid gezwungen werden. "Herr Schily kündigt beim Asylrecht immer nur Änderungen an. Aber anpacken tut er nichts, weil er genau weiß, dass SPD und Grüne da nicht mitmachen würden", sagt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Erwin Marschewski. Mit ihrem Antrag will die Union nun einen Keil zwischen die Regierungskoalitionen und deren Innenminister treiben. Der hatte im vergangenen Herbst seine eigenen Leute bis aufs Blut gereizt, als er behauptete, nur drei Prozent der Asylbewerber in Deutschland hätten politische Gründe für ihr Herkommen, der Rest seien Wirtschaftsflüchtlinge. Außerdem war seine nun von der Union ebenfalls erhobene Forderung, mittelfristig müsse das Asylrecht in der EU harmonisiert werden, um zu einer gerechteren Verteilung der Lasten zu kommen, auf scharfe Kritik in den eigenen Reihen gestoßen. Auf dem SPD-Parteitag im Dezember hatten die Delegierten Schily mit einem Antrag zum Asylrecht, der sich deutlich gegen den Minister richtete, sogar eine schallende Ohrfeige erteilt. In ihrem 14-Punkte-Antrag listen CDU und CSU genau solche Forderungen auf, wie sie auch Schily seit geraumer Zeit immer wieder vertritt. Nach Ansicht der Opposition muss zum Beispiel neben der Festsetzung einheitlicher Standards für das Asylverfahren auf EU-Ebene eine einheitliche Bestimmung von sicheren Herkunftsländern und Drittstaaten erfolgen. Zudem sollten Anträge von Asylbewerbern aus sicheren Herkunfts- und Drittstaaten an den EU-Außengrenzen entschieden werden. Schließlich fordert die Union eine rasche Abschiebung abgelehnter Asylbewerber bei offensichtlich unbegründeten Asylanträgen und die Gültigkeit von Einzelentscheidungen in der ganzen EU. "Eigentlich kann Schily uns nur unterstützen", sagt Marschewski. Dann würde er sich allerdings öffentlich in Gegensatz zu seinen eigenen Leuten stellen. "So wird die große Lücke zwischen dem, was die SPD sagt, was Schily sagt und was er dann auch verwirklicht, deutlich." Bisher seien nur Worte von ihm zu gehören gewesen. Bemerkenswert findet Marschewski auch, dass Schily einen Gesetzesentwurf der Fraktionen von SPD und Grünen zur Liberalisierung ausländischer Ehepartner nach einer Scheidung, der am Freitag in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, nicht mitunterzeichnet hat. Hiergegen hat Schily Vorbehalte, ähnlich wie gegen die Forderung der Regierungsfraktionen, das Arbeitsverbot für nach dem 15. Mai 1997 eingereiste Asylbewerber aufzuheben. Mit ihrem Vorgehen offenbart die Union allerdings auch ein eigenes Problem, das sie mit dem "roten Sheriff" Schily hat. Denn mit seinen Sprüchen nimmt Schily ihr ausgerechnet bei dem sensiblen Thema Asylrecht und Ausländerpolitik immer wieder den Wind aus den Segeln. "Wenn einer von uns solche Sprüche wie Schily macht, wird er sofort in die rechte Ecke gestellt", klagt Marschewski.
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