Tages Anzeiger (CH), 31.1. Zyprioten unter Druck Die Karten werden in der Zypernfrage neu gemischt. Ankaras EU-Aspirationen machen es möglich. Von Christian Gonsa, Athen Der Schauplatz hat sich geändert, die Personen bleiben dieselben: Ab heute Montag verhandeln Präsident Glafkos Kleridis und Rauf Denktasch, als Vertreter der griechischen und türkischen Zyprioten, in Genf über eine Beilegung des Zypernkonflikts. Wie schon Anfang Dezember in New York kommen sie auf Einladung von Uno-Generalsekretär Kofi Annan und sprechen nur über Mittelsmänner miteinander. Der politische Rahmen hat sich allerdings grundlegend geändert. Seit dem EU-Gipfel von Helsinki ist die Türkei, die Schutzmacht der türkischen Zyprioten, zum EU-Kandidaten aufgerückt. Das setzt die "Türkische Republik Nordzypern", die nur von Ankara anerkannt wird, nach Ansicht der griechischen Seite unter Druck. Denn bei fortschreitender Eingliederung der Türkei in die EU droht dem türkischen Nordzypern Isolation. Momentan erwarten die griechischen Zyprioten noch keinen Durchbruch. "In Nordzypern wird Anfang April gewählt - und in Wahlzeiten werden keine tief greifenden Entscheidungen gefällt." Das ist sich der griechisch-zypriotische Regierungssprecher, Michal Papapetrou, bewusst. Griechischer Schwerpunkt sind darum derzeit verfassungsrechtliche Fragen und Vorschläge über neue Zonengrenzen. EU-Politiker haben ihr Engagement im Zypernkonflikt in den vergangenen Wochen deutlich verstärkt. Ihr Ziel: Man will Staatschef Rauf Denktasch dazu überreden, sein türkisch-zypriotisches Verhandlungsteam mit türkischen Diplomaten zu ergänzen. Denktasch lehnt das bisher ab. Er fordert erst eine Anerkennung der "Türkischen Republik Nordzypern". Ihm schwebt eine Konföderation zweier prinzipiell souveräner Staaten vor. Die Griechisch-Zyprioten hingegen bestehen auf der völkerrechtlichen Einheit Zyperns. Kritik an Präsident Klerides Im griechischen Teil Zyperns ist seit dem Gipfel von Helsinki auch Kritik laut geworden. Parlamentspräsident Spyros Kyprianou beispielsweise befürchtet - im Gefolge der griechisch-türkischen Annäherung - eine Aufweichung der eigenen Position und eine Gefahr für den Grundsatz der einheitlichen Souveränität. Aus diesem Grund hat er den griechisch-zypriotischen Präsidenten Glafkos Klerides zum Rücktritt aufgefordert.
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