taz,31.1.2000 Hoffnungen auf ein geeintes Zypern Ab heute treffen sich Insel-Griechen und -Türken in Genf. Ihr Ziel ist die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaates Berlin (taz) - Mit einer zweiten Runde werden ab heute in Genf die Zypern-Gespräche über eine Wiedervereinigung der Insel fortgesetzt. Die Hoffungen auf eine Einigung sind einerseits so groß wie seit langem nicht mehr - immerhin hatte selbst der Chef der UN-Friedenstruppe auf der Mittelmeerinsel, James Holger, von "größeren Hoffnungen als in der Vergangenheit" gesprochen. Andererseits sind die Erwartungen begrenzt: Die UNO erwartet "getrennten Vereinbahrungen mit beiden Seiten", so ihr Zypern-Koordinator Alvaro de Soto. Wie schon in der ersten Verhandlungsrunde im Dezember werden sich Zyperns Präsident Glavcos Clerides und sein türkischer Gegenspieler Rauf Denktas getrennt mit den UN-Vermittlern unterhalten. Vier Themen stehen auf der Tagesordnung: Eine zukünftige Verfassung, die Größe des von griechischen bzw. türkischen Zyprioten verwalteten Gebiets, die Machtverteilung in einem künftigen Bundesstaat und Sicherheitsaspekte. Schlüsselfrage bleibt die direkte oder indirekte Anerkennung der "Türkischen Republik Nordzypern" auf dem 1974 von der türkischen Armee besetzten Gebiet. Denktas hat im Vorfeld eine Festlegung der internen Grenzen des Bundesstaats ohne eine vorhergehende Anerkennung seines Landes abgelehnt. Bisher erhebt die griechisch dominierte Republik Zypern de facto einen Alleinvertretungsanspruch auf die ganze Insel, da Nordzyperns "Staatsgründung" von 1983 von keinem Staat mit Ausnahme der Türkei anerkannt worden ist. Nach Gesprächen von US-Präsident Bill Clinton Ende letzten Jahres in Ankara und infolge der neuen Türkei-freundlichen Haltung der Europäischen Union wird von der Türkei erwartet, dass sie bei ihrer Vorbedingung Anerkennung Nordzyperns Abstriche macht. Bei der zukünftigen Verfassung eines gemeinsamen Staats für alle Zyprioten wird eine Abkehr vom bisherigen Präsidialsystem diskutiert. Nach Presseberichten empfehlen die UN ein parlamentarischen Systems mit einem Premierminister an der Spitze. Das Land soll Berichten zufolge so zwischen beiden Volksgruppen verteilt werden, dass etwa 75 Prozent der zyperngriechischen Vertriebenen von 1974 in ihre Heimat zurückkehren können. Die türkische Seite erhielte demnach 24 Prozent der Insel. Bisher kontrollieret die türkische Armee 37 Prozent Zyperns. Niemand erwartet von den Genfer Gesprächen einen endgültigen Durchbruch. Aber immerhin stehen Fortschritte in Aussicht. Die Diplomaten können in ihren Terminkalendern schon jetzt den Juni rot anstreichen: Dann beginnt die dritte Runde. Klaus Hillenbrand
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