Berliner Zeitung, 4.2.2000 Innensenator will kriminelle Ausländer schneller abschieben Täter sollen Strafe in Heimat verbüßen / Zahl der Demos gestiegen von Christine Richter Innensenator Eckart Werthebach (CDU) will straffällig gewordene Ausländer, die kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Berlin besitzen, in ihre Heimat abschieben. "Die Täter sollen dort ihre Strafe verbüßen", sagte Werthebach am Donnerstag bei der Vorstellung seiner politischen Vorhaben für die nächsten Jahren. "Die Straftäter fürchten nichts mehr als die Abschiebung", sagte der Innensenator. "Knacki-Export" lautet in der Senatsinnenverwaltung der Titel für Werthebachs politisches Ziel. Um es realisieren zu können, benötigt der Innensenator aber die Zustimmung der Staatsanwaltschaft sowie der Bundesregierung. Für die Abschiebung von ausländische Straftätern sei eine Vereinbarung mit den Herkunftsländern notwendig, sagte Werthebach. Eine solche gibt es mit den Staaten der Europäischen Union und den baltischen Ländern. "Wir brauchen aber auch ein Abkommen mit der Türkei", sagte Werthebach. Es müsse gewährleistet werden, dass die Täter in der Türkei oder Staaten wie Polen ihre Gefängnisstrafe auch absitzen würden. Der Innensenator kündigte an, dass er im Frühjahr erneut bosnische Kriegsflüchtlinge sowie Flüchtlinge aus dem Kosovo abschieben lassen werde. "Wir ziehen das konsequent durch", sagte Werthebach. Es bestehe "erheblicher Handlungsbedarf", da sich immer noch 11 000 Bosnier in Berlin aufhielten. "Von den ursprünglich 5 000 Kosovaren befinden sich derzeit noch rund 4 000 in Berlin", sagte der Innensenator. Wenn die Menschen nicht freiwillig in ihre Heimat zurückkehren würden, werde es erneut Abschiebungen geben. Nach dem Umzug der Bundesregierung ist die Zahl der Demonstrationen in Berlin im vergangenen Jahr auf 2 440 gestiegen. Im Jahr zuvor habe es nur 1854 Versammlungen und Aufzüge gegeben, sagte Werthebach. 1997 wurden 2 219 Demonstrationen registriert. Reichstag in die Bannmeile Der Innensenator sprach sich erneut dafür aus, die Demonstrationsfreiheit rund um den Reichstag einzuschränken. Der Bundestag müsse ein Bannmeilengesetz erlassen. Aufzüge innerhalb der Bannmeile sind untersagt - allerdings nur in den parlamentarischen Sitzungswochen. "Niemand soll glauben, dass das Bannmeilengesetz ein Allheilmittel ist", sagte Werthebach. Er erhielt am Donnerstag Unterstützung vom Berliner Parlamentspräsidenten Reinhard Führer (CDU), der sich ebenfalls für "eine partielle Begrenzung des Demonstrationsrechts" im Regierungsviertel aussprach. Weisung an die Polizei Um Aufzüge von extremistischen Gruppen am Brandenburger Tor zu verhindern, will der Innensenator anders als sein Vorgänger Schönbohm solche Demonstrationen künftig verbieten. Auch wenn absehbar sei, dass die Polizei mit einem Verbot vor Gericht unterliegen werde. "Ich werde die Polizei entsprechend anweisen", sagte Werthebach. Am letzten Wochenende hatten Neonazis gegen das geplante Holocaust-Mahnmal protestiert und waren erstmals seit 1945 wieder durch das Brandenburger Tor marschiert. Wechsel Neue Gesichter im Senat Mathilde Koller (50) kommt aus Saarbrücken und war zuletzt in der sächsischen Staatskanzlei tätig. Die Juristin ist nun für die Verwaltungsreform verantwortlich. Rüdiger Jakesch (59) war Bezirksbürgermeister in Schöneberg und bis vor kurzem Mitglied der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Er kümmert sich jetzt um Polizei und Feuerwehr.
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