Süddeutsche Zeitung, 8.2.2000 Ankara setzt Bundesregierung unter Druck Türkei verlangt Exportgarantie für "Leopard"-Panzer Nato-Partner macht problemlose Ausfuhr des Waffensystems zur Bedingung / Kaufentscheidung offenbar schon im Juli Von Wolfgang Koydl Istanbul - Die Frage der Lieferung von Kampfpanzern an die Türkei kehrt früher auf die Tagesordnung zurück, als von der Bundesregierung erwartet worden war: Ankara verlangt nun die Vorlage einer Exportgarantie, bevor eine Entscheidung über die Panzer gefällt wird. Die rot-grüne Koalition, die an der Genehmigung eines Testpanzers vom Typ Leopard 2 fast zerbrochen wäre, hatte erwartet, dass Ankara den Zuschlag für das Geschäft erst Ende des Jahres geben würde. Eine Neuauflage der Debatte könnte den für Anfang März geplanten Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Türkei überschatten. Nach türkischen Presseberichten hat das Staatssekretariat für Rüstungsindustrie in Ankara die bietenden Firmen aufgefordert, bei ihren Regierungen umgehend eine Exportlizenz-Garantie zu erwirken. Dies wurde der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Damit soll sichergestellt werden, dass das Waffensystem auch problemlos ausgeliefert wird, sobald es den Zuschlag erhalten hat. Eine Entscheidung soll nach Angaben der Tageszeitung Turkish Daily News auf den 14. Juli vorgezogen werden. Die Türkei plant den Kauf von 1000 Kampfpanzern im Wert von 14 Milliarden Mark. Auf deutscher Seite beteiligt sich die Firma Krauss-Maffei-Wegmann mit dem Leopard 2 an der Ausschreibung. Sie will noch nicht über die Forderung nach der Exportgarantie informiert worden sein. Außerdem gibt es Angebote aus den USA, Frankreich, Italien und der Ukraine. Das türkische Heer hat vor kurzem mit der Erprobung der Test-Panzer aus diesen Ländern begonnen. In türkischen Rüstungskreisen wird kein Hehl daraus gemacht, dass die höchst ungewöhnliche Änderung der Ausschreibungsbestimmungen im Hinblick auf Deutschland gemacht wurde. Mit der Exportgarantie wolle man den als blamabel betrachteten Fall verhindern, dass dem Nato-Partner und EU-Beitrittskandidaten Türkei aus politischen Gründen ein Waffensystem verweigert wird, für das man sich nach langen Testreihen entschieden hat. Angesichts der grundsätzlichen Bedenken eines Teils der Berliner Regierungskoalition an Rüstungsexporten in die Türkei erwäge man sogar, Deutschland künftig generell von Waffengeschäften auszuschließen, hieß es in diplomatischen Kreisen. Die Grünen lehnen das Panzergeschäft strikt ab, während der Kanzler sowie das Wirtschafts- und das Verteidigungsministerium dafür sind. Die Türkei verlangt zudem Auskünfte über den Verkauf von 150 Panzern des älteren Typs Leopard 1, der im April vergangenen Jahres vom deutschen Heeresinspekteur befürwortet worden war. Bislang ist das Geschäft von der Bundesregierung nicht genehmigt worden. Das türkische Heeresoberkommando geht mittlerweile davon aus, dass das Schweigen aus Berlin eine Ablehnung kaschieren soll. Außerdem wurde in Ankara genau registriert, dass auch der Rivale Griechenland Interesse am Kauf von deutschen Leopard-Panzern bekundet hat. Mit der Vorverlegung der Entscheidung über das Panzergeschäft und die Forderung nach einer Exportgarantie könnte das Thema auch den Kanzlerbesuch beherrschen. Schröder besucht Ankara vom 6. bis 7. März.
|