Berliner Morgenpost, 11.2.2000 Der Gast vertritt einen Phantomstaat Rauf Denktasch, Chef der zyprischen Türken, zu Gesprächen in Deutschland AFP Istanbul - Ein Phantom geht um in Europa: Der Präsident der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, Rauf Denktasch, kommt nach einem Aufenthalt in der Schweiz heute nach Deutschland. Weil sein Staat in den Handbüchern europäischer Diplomaten überhaupt nicht existiert, wird Denktasch zwar nur als gewählter Vertreter der türkisch-zyprischen Volksgruppe empfangen, aber immerhin: 17 Jahre nach Ausrufung der TRNC, wie der Zwergstaat sich nennt, ist dies die erste Visite des nordzyprischen Politikers in Deutschland. Denktasch kommt auf Einladung von Außenminister Joschka Fischer (Grüne), der ihn heute in Hamburg zu einem Gespräch empfangen will. In Berlin wollte man Denktasch nicht begrüßen, zu offiziell wäre das gewesen.Bei der Begegnungt wird Denktasch dem deutschen Außenamtschef über den derzeitigen Stand der in Genf zu Ende gegangenen zweiten Verhandlungsrunde der Zyperngespräche unterrichten. Fischer will seinerseits mit dem Treffen das Engagement der Europäischen Union für eine Lösung des Zypernkonflikts demonstrieren und dem 76-jährigen Chef der Zyperntürken zugleich bedeuten, dass dies im Einvernehmen mit ihm und seiner Volksgruppe geschehen soll. Die Visite ist im EU-Rahmen mit der griechischen Regierung abgesprochen, die sich sonst stets für Ächtung des Phantomstaates einsetzt. Die Genfer Gespräche, bei denen UN-Unterhändler zwischen Denktasch und dem Präsidenten der griechischen Republik Zypern, Glafkos Klerides, pendeln, brachten bisher keinen Durchbruch. Denktasch fordert die Anerkennung der TRNC als Voraussetzung für direkte Gespräche mit Klerides, was der aber ablehnt. Der Zypernkonflikt ist einer der ältesten Krisenherde in Europa. Auf der Mittelmeerinsel waren bald nach der Unabhängigkeit von Großbritannien 1960 blutige Kämpfe zwischen der griechischen Mehrheit und der türkischen Minderheit ausgebrochen, die auch durch die Stationierung von UN-Friedenstruppen nicht erstickt werden konnten. Als griechische Nationalisten 1974 mit einem Putschversuch den Anschluss an Griechenland erzwingen wollten, besetzte die Türkei den Norden der Insel, die seither geteilt ist. Denktasch rief dort 1983 die TRNC aus, die bisher nur von der Türkei anerkannt wird. Alle Initiativen zur Beilegung des Konflikts blieben bisher erfolglos. Während sich mit Blick auf die strategische Bedeutung der Region früher vor allem die USA als Vermittler betätigten, engagiert sich inzwischen auch die EU. Hintergrund sind die Aufnahmeanträge der international anerkannten Republik Zypern, wie auch der Türkei, die im Dezember als Kandidatin anerkannt wurde. |