Stuttgarter Nachrichten, 12.2.2000 Deutsche Panzer auf der Abschussliste? Leopard-Geschäft: Türkei fordert kaum erfüllbare Garantien Istanbul - Die Türkei sieht sich unter Druck. Wenn es um viel Geld geht, rückt das diplomatische Feingefühl in die zweite Reihe. Im milliardenschweren Panzergeschäft hat die Türkei einen Monat vor dem ursprünglich am 6. und 7. März geplanten Besuch von Bundeskanzler Schröder in Ankara die Daumenschrauben angezogen. Von unserem Korrespondenten THOMAS SEIBERT, Istanbul Die Türkei verlangt von Deutschland wie von den anderen Anbieterländern eine offizielle Garantie darüber, dass auch tatsächlich alle Panzer geliefert werden, wenn es so weit ist. Prompt sagte Schröder seinen Besuch ab. Der Kanzler verspürt offenbar wenig Lust, die innenpolitisch heikle Debatte über Rüstungslieferungen zum Hauptthema seiner Gespräche in Ankara werden zu lassen. Nun wird sich Bundespräsident Johannes Rau bei seinem für April vorgesehenen Besuch in Ankara mit dem leidigen Panzer-Thema herumschlagen müssen. Die neuen türkischen Forderungen treffen die Bundesregierung an einem wunden Punkt, denn beim Beschluss zur Lieferung eines Testpanzers vom Typ Leopard im vergangenen Jahr hatte Berlin mit Rücksicht auf den Streit in der Koalition betont, eine Entscheidung über das Panzergeschäft an sich sei damit noch lange nicht gefallen. Offenbar glaubte die Koalition, nach der Entsendung des Testpanzers werde sie das schwierige Thema mindestens für ein Jahr vom Tisch haben. Doch die neuen türkischen Bedingungen, die in dieser Woche bekannt wurden, zerstörten diese Hoffnung. Politiker von SPD und Grünen erklärten, eine Exportgarantie für den Leopard komme nicht in Frage. Der türkische Generalstab will zur Modernisierung der Armee im Rahmen eines Joint Ventures bis zu 1000 Kampfpanzer bauen lassen. Um das 14-Milliarden-Mark-Geschäft bewerben sich der Leopard-Hersteller Krauss-Maffei-Wegmann sowie Rüstungsfirmen aus den USA, Frankreich und der Ukraine. Bei der Entscheidung zur Lieferung des Erprobungspanzers im Herbst überstimmte Schröder im Bundessicherheitsrat Außenminister Joschka Fischer. Nur mit Mühe konnten die Risse in der Berliner Koalition damals gekittet werden. Zwar gibt es keine offizielle Erklärung dafür, warum die türkische Seite ausgerechnet jetzt Exportgarantien fordert. Diplomaten in Ankara mutmaßen aber, die türkische Regierung wolle mit der Forderung ein ¸¸Feigenblatt'' finden: Weil Deutschland die Exportgarantien aus innenpolitischen Gründen nicht erteilen kann, könnten die Türken guten Gewissens den Rüstungsgütern aus den USA den Zuschlag geben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Amerikaner der türkischen Regierung klargemacht haben, dass Washington einen Zuschlag für den amerikanischen Panzer sehr begrüßen würde. |