junge Welt, 14.2.2000 Rot-Grün unterm Panzer Leopard II: Türkei besteht weiter auf Liefergarantie für Panzer. Schröder verschiebt Türkei-Besuch Die Türkei geht davon aus, daß die Bundesregierung der Lieferung von 1 000 Kampfpanzern des Typs LeopardII zustimmt, wenn der deutsche Panzer im derzeit laufenden Test gegen die Konkurrenz aus den USA und Frankreich obsiegt. Das sagte der Sprecher des türkischen Verteidigungsministers Sebahattin Cakmakoglu der »Welt am Sonntag«. Sprecher Kemal Baglum erklärte: »Das türkische Gesetz für öffentliche Ausschreibungen sieht klar vor: Wer sich an der Ausschreibung beteiligt, gibt auch eine Liefergarantie.« Die Menschenrechtsdiskussion in Deutschland bezüglich der Türkei sei »für den Panzerkauf irrelevant und interessiert die Türkei nicht«. Das Ministerium teilte ferner mit, der Test werde »noch im Juli, spätestens aber im August abgeschlossen«. Er verlaufe in drei Phasen. Zunächst würden die Geländegängigkeit, dann die Wasserdichtigkeit und schließlich die Schießergebnisse der konkurrierenden Modelle verglichen. Der Leopard II soll inzwischen die besten Aussichten haben, aus den Tests als Sieger hervorzugehen. Cakmakoglu hatte im türkischen Fernsehen gesagt, sein Land wolle bis Ende Juli die Vereinbarung über die Lieferung einer ersten Tranche von 250 Panzern unter Dach und Fach haben. Allein diese Teillieferung soll einen Wert von mehr als drei Milliarden Mark haben. Das türkische Drängen auf eine feste Lieferzusage hat den Streit in der rot-grünen Regierungskoalition in Berlin neu entfacht. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, erinnerte daran, Ankara sei »bei der Lieferung des Testpanzers in einer schriftlichen Note mitgeteilt worden, daß dieser Schritt keine Vorentscheidung bedeutet«. Sie fügte hinzu, der Beschluß des Bundessicherheitsrats »zur Lieferung des Testpanzers gegen unsere Stimmen war politisch falsch, weil er genau das herausgefordert hat, was die Türkei nun macht«. Wenn jetzt die Anfrage der Türkei zur Gesamtlieferung eingehe, werde sich der Bundessicherheitsrat damit erneut befassen und Ankara seine Entscheidung zur Kenntnis geben. Sie sei »sicher, daß diese Entscheidung derzeit ein Nein sein wird«, sagte sie. Eine Sprecherin der Bundesregierung bekräftigte am Wochenende in Berlin, mit der Bereitstellung eines Testpanzers Anfang des Jahres sei keine Vorentscheidung für einen Waffenexport gefallen. Nach Angaben der Regierung in Ankara wurde der türkische Außenminister Ismail Cem noch am Sonntag abend zu einem dreitägigen Berlin-Besuch erwartet, bei dem er auch Bundesaußenminister Joseph Fischer treffen will. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte bereits am Donnerstag seinen für Anfang März geplanten Türkei-Besuch verschoben. Türkische Regierungskreise äußerten die Vermutung, daß diese Entscheidung direkt mit dem innenpolitischen Streit um das Panzergeschäft im Zusammenhang steht. Ein neuer Termin stehe noch nicht fest, teilte das Bundespresseamt mit. (AP/ADN/jW) |