Express, 20.2.2000 Beer: Absehbar kein Panzergeschäft Schröder verärgert über Ankara Berlin (dpa) - Die rot-grüne Regierungskoalition in Berlin ist nach Darstellung des "Spiegels" verärgert über das türkische Taktieren bei dem geplanten Panzergeschäft. Die Forderung Ankaras, nach dem koalitionsinternen Streit über den gelieferten Testpanzer vom Typ Leopard II nun eine Garantie für den späteren Export und den Nachbau dieser Waffe zu bekommen, werde in Berlin als Zumutung empfunden, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin. Demnach signalisierten die türkischen Militärs inzwischen, sie würden möglicherweise dem amerikanischen Konkurrenzpanzer Abrams den Zuschlag geben. Allerdings sollte dieser dann auf jeden Fall mit deutschen Motoren und Getrieben und mit der von Rheinmetall entwickelten 120 Millimeter Glattrohrkanone ausgerüstet werden. Nach Meinung des "Spiegels" spekuliert Ankara dabei, dass sich Berlin kaum gegen eine Zulieferung in die USA sperren könnte. Sei die Genehmigung erteilt, vermuten Schröder-Vertraute nach Darstellung des Blattes, komme der nächste Trick: bei so vielen deutschen Teilen im US-Panzer könnten die Deutschen doch gleich den kompletten Leopard liefern. Verärgert über solche "Spielchen" wolle Schröder nun den seit längerem diskutierten Verkauf von Leopard II-Panzern an Griechenland vorantreiben. Schröder hatte inzwischen auch eine für März geplante Türkei-Reise abgesagt. Eine Regierungssprecherin wollte dazu keine Stellung nehmen. Sie verwies darauf, dass solche Fragen im geheim tagenden Bundessicherheitsrat behandelt würden. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye hatte zuvor klargestellt, dass es keinen Automatismus zwischen dem bereits gelieferten Test-Panzer und der möglichen Anforderung weiterer 1 000 Leopard II gebe. Dem Bundessicherheitsrat gehören neben Schröder der grüne Außenminister Joschka Fischer sowie Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) an. Fischer und Wieczorek-Zeul waren in dem Gremium bei der Lieferung des Test- Panzers überstimmt worden. Vor einer Lieferzusage der von der Türkei ins Auge gefassten 1 000 Panzer dringt die Bundesregierung auf eine wesentliche Verbesserung der Menschenrechtslage beim NATO-Partner. Die Verteidigungspolitikerin der Grünen, Angelika Beer, sieht derzeit zwar positive Signale. "Ich glaube allerdings nicht, dass innerhalb eines kurzen Zeitraumes die Kopenhagener Kriterien der EU, die entscheidend sind für die Aufnahme der Türkei in die Gemeinschaft erfüllt werden können", sagte Beer der "Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen" (Sonntagausgabe). Die Abschaffung der Todesstrafe reiche nicht aus. Vor diesem Hintergrund sagte Beer: "Es wird in absehbarer Zeit keine Panzerlieferung an die Türkei geben." Bei einem weiteren Waffengeschäft mit dem NATO-Partner, bei dem sich Ankara um den Kauf von bis zu 145 Kampfhubschraubern des deutsch-französischen Modells Tiger bemüht, sieht Beer keine Handhabe, die Menschenrechtslage als Kriterium ins Feld zu führen. "Die Franzosen halten 70 Prozent, die Deutschen 30 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen. Und der Kooperationsvertrag kommt noch aus der Zeit der alten Bundesregierung, in dem festgehalten ist, dass man sich in der Frage des Exportes gegenseitig nicht behindern wird. Wir haben uns an diesen Vertrag zu halten." Beer zeigte sich aber sicher, dass "ein solcher Freibrief für Rüstungsexporte" künftig nicht mehr ausgestellt werde und verwies auf die seit Januar geltenden verschärften Rüstungsexportrichtlinien der rot-grünen Regierung. |