Die Presse (Wien), 23.2.2000 Anhaltende Bedenken gegen die Türkei Deutschlands Bevölkerung lehnt mehrheitlich eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union ab. WIEN (red.). 52 Prozent der Deutschen lehnen derzeit eine Aufnahme der Türkei in die EU ab. Das geht aus einer jüngsten Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor. Nur 24 Prozent sind für einen Beitritt dieses Landes. Während die offizielle Regierungslinie auf ein klares Ja zur weiteren Annäherung der Union an die Türkei ausgerichtet ist, lehnen die Deutschen die Türkei vor allem aus kulturellen und politischen Gründen ab. 60 Prozent der Befragten sind der Ansicht, daß die Türkei einem andern Kulturkreis als die übrigen EU-Staaten angehört. Auch politisch sei sie "noch weit davon entfernt, eine Demokratie nach westlichen Vorstellungen zu sein". Nur eine Minderheit von 26 Prozent stimmte dem Argument zu, daß sowieso bereits enge wirtschaftliche Beziehungen zur Türkei bestünden und viele Türken in Deutschland lebten, also ein Beitritt dieses Landes eine gute Sache sei. Die Ablehnung der Türkei zieht sich durch alle Parteien. Am stärksten ist sie bei der postkommunistischen PDS (65 %) und der konservativen CDU/CSU (57 %) ausgeprägt. Aber auch bei den Anhängern der SPD und Grünen überwiegt die Zahl jener, die einen EU-Beitritt der Türkei ablehnen. "Schlag ins Gesicht" Die Türkei "sabotiere" ihre eigenen Beitrittsbemühungen, kritisierte indes der österreichische SP-Europaabgeordnete Hannes Swoboda. Entscheidungen wie die Verhaftung von drei Bürgermeistern im Kurdengebiet oder die Weigerung, EU-Parlamentariern einen Besuch der inhaftierten Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana zu erlauben, seien ein "Schlag ins Gesicht". Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen würde sich nicht "automatisch ergeben", warnte Swoboda. Beim EU-Gipfel von Helsinki wurde die Türkei zwar in den Kreis der Kandidaten aufgenommen. Es wurde allerdings klargestellt, daß sie noch nicht die Bedingungen zum Start von konkreten Beitrittsverhandlungen erfülle. Die Bürgermeister von Diyarbakir, Siirt und Bingol waren am Wochenende festgenommen worden. Die türkischen Behörden werfen ihnen vor, in Verbindung zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu stehen. Die EU fordert die sofortige Freilassung der festgenommenen Politiker.
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