ap 23.02.2000 12:15 Zweiter Prozess gegen Öcalan auf April verschoben Wegen Abwesenheit von 82 Angeklagten Ankara (AP) Ein türkisches Gericht hat ein für Mittwoch geplantes zweites Verfahren gegen Kurdenführer Abdullah Öcalan vertagt. Als Grund nannten die Richter Unklarheit über den Verbleib von 82 weiteren Angeklagten. Der Prozess soll jetzt am 24. April beginnen. Angeklagt wegen Separatismus, Mordes und Erpressung sind Öcalan, seine Ehefrau Kesire sowie 99 weitere Mitglieder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Im Falle eines Schuldspruchs könnte Öcalan zum zweiten Mal zum Tode verurteilt werden. Richter Ihsan Ikcin beauftragte die Staatsanwaltschaft, Ermittlungen über den Verbleib der 82 vermissten Angeklagten aufzunehmen. Öcalans Frau hält sich nach Informationen der türkischen Behörden vermutlich in Schweden auf. Öcalan erschien am Mittwoch nicht vor dem Gericht in Ankara. Einer seiner Verteidiger, Hatice Korkut, sagte, bis zu einem Urteil werde vermutlich noch viel Zeit vergehen. Öcalan wurde bereits im Juni vergangenen Jahres wegen Hochverrats und Separatismus zum Tode verurteilt. Ein zweites Todesurteil würde nach Befürchtung seiner Anwälte den Druck auf die Türkei zur Vollstreckung der Exekution erhöhen. Das türkische Parlament, dass jedes Todesurteil bestätigen muss, schob die Entscheidung über Öcalans Hinrichtung auf, um dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Zeit zur Prüfung eines Gnadengesuchs zu geben. In der Türkei ist seit 1984 keine Hinrichtung mehr vollstreckt worden. Der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit wandte sich unterdessen gegen Proteste der Europäischen Union gegen die Festnahme dreier prokurdischer Bürgermeister. Wie die Tageszeitung «Cumhuriyet» am Mittwoch berichtete, will Ecevit der Kritik der EU nach eigenen Worten nicht nachgeben. «Sie (die EU-Staaten) meinen, dass sie uns wegen der PKK und ihrer Anhänger unter Druck setzen können. Wir werden an unserer Politik festhalten», sagte der Ministerpräsident. Die türkische Polizei hatte am Samstag drei Bürgermeister festgenommen, die der prokurdischen Partei HADEP angehören, darunter Feridun Celik aus Diyarbakir.
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