Tagesspiegel, 25.2.2000 Kommentar Test zur EU-Beitrittsfähigkeit nicht bestanden sei Die Türkei hat den zweiten großen Test seit der Anerkennung als EU-Beitrittskandidatin nicht bestanden. Bei der ersten Prüfung - dem vorläufigen Verzicht auf die Hinrichtung von PKK-Chef Öcalan - hatten sich noch die europapolitischen Pragmatiker in Ankara durchgesetzt. Im Umgang mit der pro-kurdischen Partei Hadep sind jetzt aber die Europa-Skeptiker in der Offensive. Und die türkische Regierung spricht der EU das Recht ab, das Vorgehen gegen die Hadep zu kritisieren - mit der überholten Ausrede von den "inneren Angelegenheiten". Das ist, eingedenk des türkischen Wunsches, EU-Mitglied zu werden, absurd. Der Druck auf die Hadep soll vor allem eines bewirken: Die Kurden, die türkische Öffentlichkeit und das Ausland sollen den militärischen Sieg der Armee über die PKK nicht als Beginn einer gemäßigten Kurdenpolitik missverstehen. Für die Konservativen ist der Gedanke, im Zuge der weiteren Annäherung an die EU einen Minderheitenstatus für die Kurden und Brüsseler Einspruchsrechte zuzulassen, die reine Horrorvorstellung. Das wäre der Abschied von der Atatürk-Türkei. Die Pro-Europa-Kräfte haben durch die Anerkennung Ankaras als EU-Kandidat zwar Rückenwind bekommen. Doch an den Schaltstellen der Macht sitzen andere. Das kann die EU nicht ändern. Aber sie kann Ankara klarmachen, dass eine weitere Heranführung an die EU nur in Frage kommt, wenn die Türkei die zukünftigen Prüfungen nicht auch noch versiebt.
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