Berliner Morgenpost, 28.2.2000 Lukrative Rüstungsgeschäfte auf See Gegen die deutsch-türkische Zusammenarbeit beim U-Boot-Bau können nicht einmal die Grünen etwas unternehmen - Beer darüber «nicht glücklich» Von Frank E. Lippold Berlin - Exportgarantien hin, Menschenrechte her - auf See läuft die deutsch-türkische Rüstungskooperation unter vollen Segeln. Während Leopard-Panzer in Berlin und Ankara weiterhin für politische Turbulenzen sorgen, liegt auf der Werft St. W. Gölcük bei Istanbul ein neues U-Boot auf Kiel. Materialpakete samt Baupläne lieferte die Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) in Kiel. «Der Vertrag über dieses Geschäft wurde 1998 geschlossen. Es hat ein Volumen von 990 Millionen Mark und umfasst drei U-Boote plus Option auf ein viertes Schiff», sagt HDW-Sprecher Jürgen Rohweder. Zur Zeit sei die Fertigung auf der türkischen Werft unterbrochen - «aber nicht wegen politischer Differenzen, sondern aufgrund der schweren Erdbebenschäden im vergangenen Jahr». Bei Gölcük entstehen Einheiten der deutschen Klasse 209 - mit mehr als 60 abgelieferten Booten der erfolgreichste konventionelle Typ der Welt. Damit wird nicht allein die traditionell gute deutsch-türkische Zusammenarbeit in der maritimen Wehrtechnik - 1973 bis 1998 im Umfang von etwa sechs Milliarden Mark - weitergeführt. Der HDW-Auftrag trägt dazu bei, dass der deutsche Rüstungsexport auch unter der rot-grünen Koalition weiter wächst. 1999 erreichte der Rüstungsexport mit der Steigerung um 1,4 Milliarden auf 3,2 Milliarden Mark einen Rekord. Dabei spielten weitere Geschäfte auf See eine wichtige Rolle: drei U-Boote und vier unbewaffnete Korvetten nach Südafrika, Minenjäger nach Indien, Logistikpakete für U-Boote nach Indonesien. Angelika Beer, die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, ist allerdings «nicht glücklich» über das HDW-Geschäft mit Ankara. «Aber hier geht es um laufende Verträge, und wir können daran nichts ändern», bedauert Frau Beer gegenüber der Berliner Morgenpost. «Gleiches gilt für die mögliche Lieferung von etwa 45 Kampfhubschraubern des deutsch-französischen Typs Tiger an die Türkei. Es besteht ebenfalls keine Handhabe, dagegen die Menschenrechtslage ins Feld zu führen», sagt sie. Beim Tiger-Produzenten, dem Gemeinschaftsunternehmen Eurocopter Hubschrauber GmbH in München, hielten die Franzosen 70, die Deutschen 30 Prozent. Im Kooperationsvertrag aus der Zeit der alten Bundesregierung sei zudem festgeschrieben, sich in der Exportfrage gegenseitig nicht zu behindern. Jedoch werde «ein solcher Freibrief für Rüstungsexporte» - da ist sich die Grünen-Politikerin sicher - künftig nicht mehr ausgestellt. Sie verweist auf die von der Bundesregierung inzwischen verschärften Ausfuhrrichtlinien, die gegenüber der Türkei auch für den Panzer Leopard 2 Gültigkeit hätten. Keine Schwierigkeiten durch das stringenter gefasste Menschenrechts-Kriterium hat HDW bei dem aktuellen U-Boot-Geschäft mit Griechenland, das den «Durchbruch für die neue Klasse 214» (Vorstandschef Dirk Rathjens) schafft. Die Schiffbauer und das Essener Handelshaus Ferrostaal vereinbarten mit Athen den Bau von drei Booten. Volumen: zwei Milliarden Mark. HDW-Sprecher Rohweder: «Das erste Boot wird bis 2005 in Kiel hergestellt, die anderen entstehen bei Hellenic Shipyards im griechischen Skaramanga. Der Auftrag beinhaltet weiterhin eine Option zum Bau eines vierten Bootes in Griechenland.» Das Geschäft mit diesen für weltweite Fahrten ausgelegten Einheiten sichert bei HDW eine Auslastung des Marinebereiches, in dem etwa 1400 der 3300 Mitarbeiter beschäftigt sind, bis zum Jahr 2005.
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