HANDELSBLATT, 29.2.2000

Prozess um Studentenunruhen in Teheran

rtr TEHERAN. Wegen der Studentenunruhen in der iranischen Hauptstadt Teheran vom vergangenen Juli müssen sich ab Dienstag Angehörige der Sicherheitskräfte vor Gericht verantworten. Insgesamt 20 Wehrpflichtigen und Offizieren, unter ihnen auch der frühere Polizeichef Teherans, Brigadegeneral Farhad Nasari, wird vorgeworfen, unrechtmäßig in die Schlafräume eines Studentenwohnheims eingedrungen zu sein, Bewohner geschlagen und deren Besitz zerstört zu haben. Der Überfall hatte die größten Unruhen in Teheran seit der Islamischen Revolution vor über 20 Jahren ausgelöst. Dabei war ein Mensch getötet und 200 verletzt worden.

Ein Anwalt der Studenten, Mohsen Rohami, kritisierte die Arbeit der Ermittlungsbehörden und des Gerichts. So seien keine Mitglieder der ebenfalls an dem Überfall beteiligten Bürgerwehren angeklagt worden. Er werde Beweise vorlegen, dass es eine Zusammenarbeit auf höchster Ebene zwischen Polizeioffizieren und Bürgerwehr-Mitgliedern gegeben habe, sagte Rohami der Zeitung "Arja".

Nach dem Überfall auf das Studentenheim war es auf dem Campus der Teheraner Universität zu Demonstrationen der Demokratiebewegung gekommen. Die Proteste hatten sich dann auf die Teheraner Innenstadt und andere iranische Städte ausgeweitet, bevor sie nach sechs Tagen von den Sicherheitskräften und Milizen niedergeschlagen wurden. Mehr als 1500 Studenten wurden im Zusammenhang mit den Unruhen festgenommen. Mehrere Anführer wurden zum Tode verurteilt. Bislang ist jedoch noch kein Todesurteil vollstreckt worden.