HANDELSBLATT, 9.3.2000

Türkische Ablehnung des Helikopters hat vor allem politische Gründe

Französische Industrie droht nach gescheitertem Tiger-Auftrag mit Konsequenzen

dpa-afx PARIS. Frankreichs größter Luft- und Raumfahrtkonzern Aerospatiale Matra vermutet hinter der türkischen Ablehnung des deutsch-französischen Helikopters Tiger vor allem politische Gründe. Der Konzern drohte mit Konsequenzen, wenn die Exportpolitik von Partnerländern weiter die Position des Unternehmens schwäche. Der zuständige Aerospatiale-Direktor Jean-Francois Bigay sagte am Mittwoch in Paris: "Im technischen oder preislichen Bereich haben wir nie alarmierende Signale erhalten. Also müssen wir uns nun genau den dritten Punkt anschauen." Dabei hatte er vor allem die kritische Debatte in Deutschland über den nun gescheiterten Milliardenauftrag im Auge.

Die Türkei hatte am Montag mitgeteilt, sie werde beim geplanten Kauf von 145 Kampfhubschraubern das deutsch-französische Angebot von Eurocopter (Tiger) sowie das Angebot der US-Firma Boeing (Apache Longbow) nicht berücksichtigen.

Weitaus deutlicher warnte Aerospatiale-Chef Philippe Camus vor Konsequenzen: "Dieses Beispiel zeigt uns, dass die Regierungen ihre Exportpolitik in Ordnung bringen müssen. Wir können uns nicht selbst schwächen; wenn das so weiter geht, wird es zwangsläufig Konsequenzen bei der Industrie geben." Er mahnte eine Neuordnung der europäischen Exportpolitik an und schloss eine Verlagerung bestimmter Aktivitäten der Gruppe nicht aus, wenn es damit auch künftig Probleme in Deutschland gäbe. Aerospatiale ist gemeinsam mit der deutschen DaimlerChrysler Aerospace (Dasa) am Tiger-Hersteller Eurocopter beteiligt. Künftig wird der Konzern zur europäischen EADS-Gruppe gehören.