Kölner Stadtanzeiger, 10.3.2000 CDU-Wahlkampf in NRW Rüttgers entdeckt das Reizthema Ausländer Gegen muttersprachlichen Unterricht Düsseldorf - Neun Wochen vor der Landtagswahl in NRW hat der CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers ein neues Wahlkampfthema entdeckt: Ausländer. Erst wetterte der frühere Bonner Zukunftsminister gegen Pläne, 30 000 ausländische Computerexperten nach Deutschland kommen zu lassen. Nun kündigte er an, nach einem Wahlsieg den muttersprachlichen Zusatzunterricht für 122 000 ausländische Schüler abzuschaffen. Der Unterricht fördere eine "multikulturelle Gesellschaft", statt die Integration der Kinder in die deutsche Gesellschaft zu unterstützen. Stattdessen sollten die Kinder falls notwendig vor der Einschulung "genügend Förderung" erhalten, damit sie dem deutschsprachigen Unterricht folgen könnten. Muttersprachlichen Unterricht gibt es in NRW in Türkisch, Griechisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Russisch und Serbisch. Er umfasst nach Angaben des Düsseldorfer Kultusministeriums in der Regel drei Stunden pro Woche, ist freiwillig und wird neben dem normalen Unterricht erteilt. Rüttgers steht unter Druck. Trotz Düsseldorfer Flugaffäre und "Rotem Filz" ließ die Parteispendenaffäre die Ruhr-CDU laut Infratest auf 32 Prozent absacken, ein Verlust von fünf Prozentpunkten gegenüber der Wahl von 1995. Das soll nun offenbar das Reizthema Ausländer ändern. Inspiriert ist die Offensive sichtlich von der erfolgreichen Kampagne des hessischen Wahlsiegers Roland Koch gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Wie Koch polarisiert auch Rüttgers bewusst: "Ich halte die Vorstellung einer multikulturellen Gesellschaft für falsch." Und: "Statt Inder an die Computer müssen unsere Kinder an die Computer." Es gehe nicht nur um 30 000 Spezialisten, sondern - die Familien eingerechnet - um 120 000 bis 150 000 Menschen mit einem fremden kulturellen Hintergrund, warnt der Christdemokrat. (ap)
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