Tagesspiegel, 11.3.2000
Kommentar
Ganz langsam - Das Versprechen der EU und die Folgen
ame
Als Ankara im vergangenen Dezember nach langem Drängen den ersehnten
Status eines EU-Beitrittskandidaten erhielt, kannte die Euphorie in
der Türkei keine Grenzen. Ministerpräsident Bülent Ecevit
versicherte gar im Überschwang, dass sein Land schneller EU-Mitglied
werden könne, als sich das viele heute vorstellten. Bei seinem
Besuch in der Türkei hat EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen
zweierlei im Auge behalten müssen: Er musste die Europa-Euphorie
dämpfen und gleichzeitig der Türkei die langfristige Beitrittsperspektive
offen halten. Dieser Drahtseilakt ist misslungen - weil er misslingen
musste. Das Versprechen der EU hat in Ankara allzu hohe Erwartungen
ausgelöst. Anders lässt sich Ecevits Enttäuschung über
das langsame Tempo der Annäherung zwischen der EU und Ankara nicht
erklären. Zu Recht misst er die EU an ihrer vollmundigen Politik,
jeden der gegenwärtig 13 Beitrittskandidaten - zu denen auch die
Türkei zählt - gesondert unter die Lupe zu nehmen und alle
gleich zu behandeln. Die EU wird sich gegenüber der Türkei
künftig einer klareren Sprache bedienen müssen - vor allem
in der Kurdenfrage.
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