junge welt, 16.3.2000 Abschiebestopp für Kurdin Fatma Bag Familie der Sprecherin des Wanderkirchenasyls trotzdem ausgewiesen Sprichwörtlich in letzter Minute konnte die Abschiebung der kurdischen Wanderkirchenasyl-Aktivistin Fatma Bag am Dienstag mittag am Düsseldorfer Flughafen verhindert werden. Kurz vor dem Start der rumänischen TAROM- Maschine nach Istanbul teilten ihr BGS-Beamte im Flugzeug mit, sie - Fatma Bag - könne in der Bundesrepublik bleiben, ihr Mann und ihre Kinder jedoch müßten abgeschoben werden. Sie könne aber mit ihrer Familie freiwillig ausreisen, so die Beamten des Bundesgrenzschutzes. Das Aachener Verwaltungsgericht hatte kurz vorher den Eilantrag von Fatma Bag positiv entschieden. Dieser Schutz galt jedoch nicht für ihren Mann Seyit und die Kinder Zoehre (20 Jahre) und Vahap (17 Jahre). Sie wurden abgeschoben, während Fatma Bag einen Aufenthalt erhält, bis über ihren Asylfolgeantrag endgültig entschieden ist. »Wir sind froh, daß die Gefährdung von Fatma Bag in der Türkei durch ihr Engagement im Wanderkirchenasyl (WKA) in Nordrhein-Westfalen vom Aachener Verwaltungsgericht ernst genommen wurde«, so das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche NRW. Umso beunruhigender sei die Abschiebung der anderen Familienmitglieder, die ebenfalls an den Protestaktionen des Wanderkirchenasyls beteiligt waren. Die Unterstützer aus den Kirchenasylnetzwerken und der Kampagne »kein mensch ist illegal« sehen inzwischen eine Bedrohung für alle Teilnehmer des Kirchenasyls und verweisen auf die Aussage der Rechtsanwältin Eren Keskin vom Türkischen Menschenrechtsverein (IHD), die diese Menschen »einer besonderen Gefährdung ausgesetzt« sieht. Neben der Berichterstattung in türkischen Medien führt das Kirchenasylnetzwerk als weiteren Beleg für die Abschiebegefährdung auch ein Protokoll des Staatssicherheitsgerichts Diyarbakir an, in dem das Kircheasyl als Aktion der PKK bezeichnet wird. Auch der Kurde Yusuf Demir, der Mitte Januar abgeschoben wurde, bekam das Verfolgungsinteresse der türkischen Behörden auf grausame Weise zu spüren: er wurde wiederholt verhaftet, mißhandelt und in Verhören mit Fotos gezielt nach Teilnehmern des Wanderkirchenasyls in der BRD befragt. Auch die Bags wurden von der Flughafenpolizei in Istanbul rund zwölf Stunden festgehalten. Erst am Mittwoch morgen wurden sie wieder auf freien Fuß gesetzt. Fatma Bag fürchtet jedoch, daß sich das schnell wieder ändern kann: »Die Probleme fangen erst an, wenn man bei der Flughafenpolizei raus ist und keine Beobachter mehr da sind.« Jochen Schiller |