Süddeutsche Zeitung, 17.3.2000

Voranfrage zu Leopard-Panzern liegt Regierung vor

Berlin, 16. Mär (Reuters) - Die Bundesregierung wird offenbar rascher als erwartet über eine Lieferung von bis zu 1000 Kampfpanzern des Typs Leopard II an die Türkei entscheiden müssen. Aus Regierungskreisen in Berlin verlautete am späten Donnerstabend, dem Auswärtigen Amt unter Außenminister Joschka Fischer (Grüne) liege eine Voranfrage des Münchener Panzerbauers Krauss-Maffei Wegmann zu dem Rüstungsgeschäft vor. Die Lieferung eines Testpanzers zur Anbahnung des Geschäfts hatte die rot- grüne Koalition im Herbst in eine Krise gestürzt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte sich über die Ablehnung Fischers wegen der Menschenrechtslage in der Türkei hinweggesetzt.

Nach der Koalitionskrise verschärfte die Bundesregierung die Kriterien für Rüstungsexporte. Eine Lieferung in die Türkei wurde von Forschritten in der Menschrechtslage in dem NATO-Staat abhängig gemacht. Aus Kreisen der Grünen wurde am Abend die Einschätzung laut, dass das Außenministerium keine entscheidenden Fortschritte hinsichtlich der Wahrung der Menschenrechte in der Türkei sehe und einer Panzerlieferung weiterhin ablehnend gegenüber stehe.

Die Grünen sehen Rüstungsexporte traditionell kritisch. Sie wollen darüber auch auf ihrem am Freitag in Karlsruhe beginnenden Bundesparteitag debattieren. Für Unruhe bei den Grünen hatte in diesen Tagen bereits die Meldung gesorgt, dass der Bundesregierung eine Anfrage zur Lieferung von 64 Radpanzern zum Aufspüren von ABC-Kampfstoffen in die Vereinigten Arabischen Emirate vorliegt.

Die Voranfrage von Krauss-Maffei Wegmann zur Leopard-Lieferung geht einem offiziellen Antrag auf eine spätere Exportgenehmigung voraus. In den Regierungskreisen hieß es, die Anfrage werde nun mit den beteiligten Ressorts abgestimmt. Darüber entschieden werde im Bundessicherheitsrat. Das Gremium hatte im Herbst mit den Stimmen von Schröder, dem Verteidigungs- und dem Wirtschaftsministerium die Lieferung des Panzers gegen den Willen Fischers und des Entwicklungshilfeministeriums genehmigt. Bisher hatte es von Seiten der Bundesregierung geheißen, eine Entscheidung über das eigentliche Geschäft über 1000 Panzer stünde nicht vor Jahresende an.

hoh/kad