junge Welt, 17.3.2000 Demo gegen Abschiebeknast Neuer Abschiebekomplex mit Modellcharakter Zu einer Demonstration in die rheinland-pfälzische Stadt Ingelheim ruft ein Bündnis antirassistischer Gruppen auf. Hintergrund: In Ingelheim, bei Mainz gelegen, befindet sich ein Abschiebekomplex für Flüchtlinge. Von dieser sogenannten »Landesunterkunft Rheinland-Pfalz« sind Teile bereits in Betrieb, an anderen Teilen wird derzeit noch gebaut. Zu dem Gesamtkomplex sollen nach Fertigstellung drei Bereiche gehören: Eine Notunterkunft für eine vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden. Die hier aufgenommenen Flüchtlinge sollen keine offizielle Duldung, sondern nur einen Hausausweis erhalten und mit Sachleistungen versorgt werden. Als zweiten Bereich soll es eine Unterkunft für Flüchtlinge geben, deren Rückführung aufgrund fehlender Papiere nicht durchzusetzen ist. Für die zur Demonstration aufrufende AKAI (Aktion Kein Abschiebeknast Ingelheim) eine Einrichtung mit klarem Auftrag. »Der Grundgedanke besteht darin«, so ein AKAI- Sprecher, »daß während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in der Landesunterkunft durch ein Zusammenwirken von psychosozialer Betreuung und ausländerrechtlicher Beratung die Bereitschaft zur >freiwilligen Ausreise< geschaffen wird«. Zentraler Bestandteil des gesamten Komplexes, so die AKAI, werde das Ende des Jahres fertiggestellte Abschiebegefängnis sein, das 100 Plätze für Rheinland-Pfalz und 50 für das Saarland hat. Die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Flüchtlinge sei drastisch: »Sie werden darin bestehen, daß die vom Staat vorgegebene Perspektive von der Aufnahme bis zur Rückführung ständig sichtbar sein wird«, sprich »zu jedem Zeitpunkt alle Hoffnungen auf ein integriertes leben in Deutschland« genommen würden. Der Aufruf zur Teilnahme an der Demonstration in Ingelheim endet mit einem für Flüchtlinge bitteren Resümee: »Die Gesamtstruktur dieses Abschiebekomplexes ist in Deutschland einzigartig und könnte zu einem Modell für weitere Abschiebekomplexe werden.« Deshalb sei es geboten, gegen dieses Lager zu protestieren und Solidarität mit all denen zu üben, die von staatlicher Seite illegalisiert, kriminalisiert und verfolgt werden. Thomas Klein * Treffpunkt für die Demo am Samstag: 12 Uhr, Bhf. Ingelheim |