Tagesspiegel, 18.3.2000 "Leos" für die Türkei Grüne strikt gegen Panzerlieferung Regierung noch nicht entschieden - Protest von Akw-Beschäftigten vor Parteitag Auf strikte Ablehnung der Grünen ist eine Voranfrage des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei über die Lieferung von 1000 deutschen "Leopard 2"-Panzern in die Türkei gestoßen. Das Land sei noch weit davon entfernt, die Menschenrechte einzuhalten, erklärte die Vorstandssprecherin der Grünen, Antje Radcke, am Freitag kurz vor dem Beginn des Parteitags in Karlsruhe. Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn sagte, mit den Grünen werde es keine Panzerlieferungen an die Türkei geben. Bereits im vergangenen Herbst hatte die Ausfuhr eines Testpanzers für erhebliche Spannungen in der rot-grünen Koalition gesorgt. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Michaelis, erklärte am Freitag in Berlin, bereits seit dem 14. März liege eine Voranfrage des Maschinenbaukonzerns Krauss-Maffei-Wegmann über die Lieferung von 1000 deutschen "Leopard 2"-Panzern an die Türkei vor. Die Bundesregierung werde darüber beraten "und entscheiden zum gegebenen Zeitpunkt". Zunächst würden Stellungnahmen der beteiligten Ressorts - Äußeres, Wirtschaft und Verteidigung - eingeholt. "Eine konkrete Frist kann ich nicht nennen", sagte Michaelis auf die Frage nach dem genauen Termin der Entscheidung. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye erklärte, es werde "ganz sicher keine Koalitionsrunde" zu dem Thema geben. Schon bei der Lieferung des Testpanzers seien der Türkei die politischen Zusammenhänge erläutert worden. An den Bedingungen und Erwartungen habe sich nichts geändert. Ein Sprecher von Kraus-Maffei sagte, die Türkei habe noch nicht über eine Bestellung entschieden: "Jedenfalls ist uns nichts bekannt." Die Probephase werde erst im Sommer abgeschlossen. Erst danach könne mit möglichen Vertragsverhandlungen begonnen werden. Daher stünden auch die Details des Geschäfts noch nicht fest. Angaben, wonach es ein Volumen von 14 Milliarden Mark haben solle und die deutsche Wertschöpfung rund sechs Milliarden Mark betrage, seien aber "nicht unrealistisch". Umweltministerin Höhn sagte dem Sender N24, die Grünen hätten in der Berliner Koalition sehr deutlich gemacht, dass sie keine Waffenlieferung in Länder hinnehmen würden, in denen Menschenrechtsverletzungen stattfinden. "Aus meiner Sicht gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Möglichkeit und auch nicht die Option, Waffen in die Türkei zu liefern." Sprecherin Radcke sagte im Bayerischen Rundfunk, mit den überarbeiteten Richtlinien für Rüstungsexporte sei eine Panzerlieferung an das Land nicht zu vereinbaren. Gleiches gelte im Prinzip auch für die Lieferung von Spürpanzern des Typs "Fuchs" an die Vereinigten Arabischen Emirate. Dazu sagte der SPD-Wehrexperte Manfred Opel der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der Spürpanzer sei ein "humanitäres Instrument" zum Auffinden atomarer, biologischer und chemischer Kampfstoffe. "Wenn die Grünen jetzt gegen den Spür-Fuchs Sturm laufen, erinnert mich das an ihre früheren Versammlungen, in denen sie zuerst Rüstungsexporte kategorisch abgelehnt und am Ende Geld für Waffen in Nicaragua gesammelt haben." Zu einem Bericht der "Berliner Zeitung", Außenminister Joschka Fischer sei im Januar 1999 bei der Entscheidung über eine Voranfrage zur Ausfuhr von 28 Spürpanzern überstimmt worden, wollte die Bundesregierung nicht Stellung nehmen. Das Gremium tage geheim, hieß es. Unterdessen haben mehrere Hundert Beschäftigte deutscher Atomkraftwerke vor Beginn des Grünen-Parteitages in Karlsruhe gegen den von der Bundesregierung geplanten Atomausstieg demonstriert. Sie forderten den unbefristeten Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke. |