Stuttgarter Nachrichten, 20.3.2000 Rau: Grundrecht auf Asyl beibehalten Bundespräsident nennt Debatte über Einwanderungsgesetz aber legitim Berlin (AP) - Bundespräsident Johannes Rau hat sich in der Einwanderungsdiskussion gegen eine Abschaffung des Asylrechts gewandt. Für eine Grundgesetzänderung sehe er gegenwärtig keine Notwendigkeit, sagte Rau der ¸¸Berliner Morgenpost''. Das Asylrecht aufzuheben, wie es aus der Union gefordert wurde, hielte er für falsch, sagte Rau und verwies auf den zwischen den großen Parteien erzielten Asylkompromiss. Dass man darüber streite, wann und unter welchen Bedingungen ein Einwanderungsgesetz kommen könne, halte er allerdings für eine legitime Diskussion. Wenn sich die Asyldebatte in eine gefährliche Richtung entwickle, werde er auch ¸¸die Macht des Wortes nutzen'', erklärte Rau. ¸¸Ich habe schon Fragen, etwa, ob es nicht eine andere Art von Härtefallregelung, die stärker auf humanitäre Gesichtspunkte eingeht, geben müsste.'' Er halte die Richtung des Asylkompromisses aber weiterhin für richtig. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sagte, Deutschland lasse ¸¸die Schwachen einreisen und die Starken nicht''. Ausländer, die Asyl beantragten, könnten sich bis zum Abschluss ihres Verfahrens oft Jahre in Deutschland aufhalten. Auch für gesuchte ausländische Arbeitkräfte sei es dagegen schwer, ins Land zu kommen. Er bezweifle, dass sich Deutschland dies auf Dauer leisten könne, erklärte er am Samstag in München. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) wandte sich wie sein baden-württembergischer Kollege Thomas Schäuble (CDU) gegen weitere Zuwanderung. Dies hielte er bei über vier Millionen Arbeitslosen für unvertretbar. Ein Einwanderungsgesetz ließe sich nur machen, wenn die Grundgesetzartikel zu Familiennachzug, zu Asyl und zu Aussiedlern geändert würden. Nach Ansicht Schäubles kann Deutschland ¸¸jedenfalls kurz- und mittelfristig'' keine weiteren Ausländer aufnehmen. Die Grenzen der Integrationsfähigkeit seien mit jährlich einer halben Million Menschen erreicht: ¸¸Mehr können wir nicht verkraften.'' Die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) erklärte dagegen, als Industrieland inmitten Europas könne und werde Deutschland auch künftig Zuwanderer aufnehmen: ¸¸Die Frage ist nicht die des Ob, sondern des Wie.'' Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt verurteilte mit scharfen Worten die von dem CDU-Politiker Jürgen Rüttgers begonnene Kampagne ¸¸Kinder statt Inder''. Von der Aktion halte er ¸¸gar nichts'', sagte Hundt. ¸¸Das ist eine undurchdachte, erbärmliche, populistische Kampagne.'' |