Süddeutsche Zeitung, 28.3.2000 Iraker wählen neues Parlament Klares Votum für Saddam Hussein erwartet Bevölkerung soll mit hoher Beteiligung Ablehnung der UN-Sanktionen demonstrieren Bagdad (Reuters/dpa/AP) - Etwa 8,5 Millionen Iraker waren am Montag dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Erste Ergebnisse wurden in der Nacht zum Dienstag erwartet. Funktionäre der herrschenden Baath-Partei hatten an die Wähler appelliert, mit ihrem Votum die Regierung gegen die internationale Isolation zu unterstützen. Es wurde mit einer Wahlbeteiligung von mehr als 90 Prozent gerechnet. Um die 220 Mandate bewarben sich 512 Kandidaten, die alle der regierenden Baath-Partei von Staats- und Parteichef Saddam Hussein angehören oder ihr nahe stehen. Eine Opposition war zur Wahl nicht zugelassen. Weitere 30 Sitze im Parlament sind für die Vertreter der von kurdischen Rebellen kontrollierten Provinzen Dahuk, Arbil und Sulaimanija reserviert. Über die drei Provinzen hat die Regierung seit dem Golfkrieg 1991 die Kontrolle verloren, daher wurde dort nicht gewählt. Prominentester Kandidat war der älteste Sohn Husseins, Udai, der bei einem Wahlsieg im vornehmen Bagdader Stadtteil Mansur neuer Parlamentspräsident werden soll. Der 35-Jährige, der 1996 bei einem Attentat schwer verletzt worden war, wurde vom Präsidenten in den letzten Jahren als sein Nachfolger aufgebaut. Viele Iraker erhoffen sich von seiner Kandidatur eine Aufwertung des Parlaments. Dieses kann keine für die Regierung bindenden Beschlüsse fassen, sondern nur Empfehlungen geben und Vorschläge machen, die dann vom eigentlichen Regierungsgremium, dem Revolutionären Kommandorat unter Vorsitz Husseins, gebilligt werden müssen. Seit 1995 hat das Parlament die Befugnis, ranghohe Vertreter der Regierung und der Partei zu befragen, darunter auch den Ministerpräsidenten. Das Gesetz schreibt den Abgeordneten aber vor, die Grundsätze der Revolution von 1968 zu unterstützen. Durch die Revolution war die Baath-Partei an die Macht gelangt. Der Irak befindet sich wegen der UN-Sanktionen, die nach der Invasion in Kuwait verhängt wurden, in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. Deshalb fand so gut wie kein Wahlkampf statt. Die Strafmaßnahmen sollen erst aufgehoben werden, wenn die Regierung in Bagdad den UN-Sicherheitsrat davon überzeugt hat, dass sie ihr Programm zur Produktion von Massenvernichtungswaffen aufgegeben hat. |