Frankfurter Rundschau 04.04.2000 Türkei: Cohn-Bendit besucht politische Gefangene Zana ANKARA, 3. April (afp/dpa). Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit hat am Montag in einem Gefängnis der türkischen Hauptstadt Ankara die ehemalige pro-kurdische Parlamentsabgeordnete Leyla Zana besucht. Das berichtete der türkische Fernsehsender NTV. Cohn-Bendit hält sich als Ko-Vorsitzender der gemeinsamen türkisch-europäischen Parlamentskommission in Ankara auf; bei seinem letzten Besuch vor wenigen Wochen hatte er keine Erlaubnis erhalten, mit Zana zu sprechen. Die Darstellung der türkischen Behörden, das Gespräch mit Zana sei "inoffiziell", bezeichnete Cohn-Bendit als "Witz". Leyla Zana war als Parlamentsabgeordnete der Partei pro-kurdischen DEP 1994 wegen Separatismus zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Jahr später erhielt sie den Sacharow-Menschenrechtspreis des Europa-Parlaments. Ankara hat Forderungen nach einer Freilassung Zanas aus politischen Gründen mehrmals zurückgewiesen. Bei einer Begegnung Cohn-Bendits mit Vertretern von Opfern der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in der EU-Vertretung in Ankara gab es offenen Streit. Ein Vertreter der PKK-Opferverbände, Hamit Köse, warf der EU lautstark "Heuchelei" vor, weil sie einerseits "PKK-Terroristen" unterstütze, andererseits aber von der Türkei die Einhaltung der Menschenrechte fordere. Cohn-Bendit wies dies zurück und betonte, eine Hinrichtung des in der Türkei zum Tode verurteilten PKK-Chefs Abdullah Öcalan würde in den Beziehungen zwischen Ankara und der EU eine Krise auslösen. Türkische Ermittler entdeckten unterdessen im Südosten der Türkei fünf mutmaßliche Todesopfer der radikal-islamischen Terrororganisation Hisbollah. Die Polizisten fanden die vergrabenen Leichen im Landkreis Cinar in der Provinz Diyarbakir, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Damit steigt die Zahl der mutmaßlichen Hisbollah-Opfer, die seit Mitte Januar in mehreren Städten entdeckt wurden, auf 64. Bei den Opfern handelt es sich zumeist um Menschen, die einen moderaten Islam vertreten haben.
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