Märkische Zeitung 05.04.2000 Europa-Politiker flogen trotz Flugverbots nach Bagdad Bagdad/Dubai/Rom (dpa) - Unter Missachtung des alliierten Flugverbots gegen den Irak und aus Protest gegen die UN-Sanktionen sind ein italienischer Europa-Abgeordneter und ein französischer Priester nach Bagdad geflogen. Ihre Piloten überlisteten die Radarüberwachung der USA, indem sie die rund 1 000 Kilometer lange Strecke vom jordanischen Amman in einem kleinen Privatflugzeug im extremen Tiefflug zurücklegten. Ihre Aktion sei ein Protest gegen die seit zehn Jahren anhaltenden UN- Sanktionen gegen Irak, sagte der französische Priester Jean-Marie Benjamin nach der Ankunft am Montagabend. Die Männer, darunter der konservative italienische Europa- Abgeordneten Vittorio Sgarbi, wurden auf dem Flughafen in Bagdad von irakischen Regierungsbeamten begrüßt. Unklar sei, ob sie auch Staatschef Saddam Hussein empfangen werden, hieß es italienischen Presseberichten. Um der Radarüberwachung zu entgehen, seien sie lediglich in 100 Meter Höhe geflogen. Auf ähnliche Weise war es dem jungen deutschen Piloten Matthias Rust im Mai 1987 gelungen, mit seiner «Cessna» auf dem Roten Platz in Moskau zu landen. Benjamin sagte, die Sanktionen hätten dazu geführt, dass in Irak eine halbe Million Kinder gestorben seien, weil das Land notwendige Medikamente nicht kaufen könne. Die UN hatte das Embargo nach der irakischen Besetzung Kuwaits 1990 verhängt. Medikamente sind allerdings ausgenommen. Die von den USA geführte Allianz im Golfkrieg gegen den Irak hatte Flugverbotszonen im Norden und Süden des Landes verfügt, um die dortige kurdische und schiitische vor der Verfolgung durch das Bagdader Regime zu schützen. Für den Europa-Abgeordneten Sgarbi ist es nicht die erste Aktion dieser Art: Er hatte bereits 1998 die UN-Sanktionen gegen Libyen verletzt und war nach Tripolis geflogen.
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