Giessener Zeitung 05.April 2000 Verfassungsschutz zählt 9.000 potenzielle Täter - Linksextremismus konstant - PDS weiter unter Beobachtung BERLIN (AP). Die Gewaltbereitschaft in der rechten Szene nimmt zu. Nach einem Rückgang 1998 stieg die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten im vergangenen Jahr wieder um 5,4 Prozent auf 746, wie aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht hervorgeht. Die Hälfte davon wurde in Ostdeutschland verübt, 60 Prozent waren fremdenfeindlich motiviert. Im linksextremen Spektrum wurden dagegen kaum Veränderungen festgestellt. Weiter unter Beobachtung steht die PDS, die laut Bericht ein unverändert "zwiespältiges Verhältnis" zur freiheitlich demokratischen Grundordnung hat. Der Kreis der gewaltbereiten Rechtsradikalen erweiterte sich den Angaben zufolge von 8.200 auf rund 9.000 Personen. Ein Rückgang sei auch in diesem Jahr nicht zu erwarten, sagte Bundesinnenminister Otto Schily bei der Vorstellung des Berichts. Allerdings gebe es noch keine handlungsfähigen terroristischen Strukturen und auch "kein Konzept für einen bewaffneten Kampf". Schily betonte, dass die Bundesregierung die Maßnahmen der Länder gegen Rechtsradikalismus weiter unterstützen werde. "Die Bekämpfung des Rechtsextremismus muss mit Entschlossenheit fortgesetzt werden", sagte der SPD-Politiker. Insgesamt wurden vergangenes Jahr 10.037 rechtsextremistische, fremdenfeindliche und antisemitisch motivierte Straftaten verübt. Zwei Drittel davon waren Propagandadelikte wie das Zeigen von Hakenkreuzen. Einen starken Zuwachs gab es bei den Aktivitäten Rechtsradikaler im Internet: Die Zahl der Homepages ist laut Bericht von 200 auf 330 gestiegen. Mehr als 60 Prozent davon enthielten "strafrechtsrelevante, zumeist volksverhetzende Inhalte", sagte Schily. Die Mitgliederzahl rechtsextremer Parteien und Organisationen war dagegen 1999 erstmals seit Jahren rückläufig. Am stärksten ist weiterhin die DVU mit 17.000 Mitgliedern, gefolgt von den Republikanern mit 14.000 und der NPD mit 6.000 Mitgliedern. Die Rivalität zwischen den drei Parteien wird nach den Worten Schilys voraussichtlich weiter anhalten: "Eine Führungsfigur, die das zerstrittene Lager einigt, ist nicht in Sicht." PDS weiter mit "zwiespältigem Verhältnis" zum Grundgesetz Die Mitgliederzahl bei linksextremistischen Organisationen blieb im vergangenen Jahr konstant bei rund 34.000. Dazu zählten laut Bericht auch fast 2.000 Angehörige der Kommunistischen Plattform der PDS. Schily betonte, dass es in der PDS auch 1999 keine Bestrebungen gegeben habe, sich von den linksextremen Gruppen zu distanzieren. PDS-Geschäftsführer Dietmar Bartsch bezeichnete die Vorwürfe als "Unsinn". Seine Partei habe keinen Nachholbedarf in Verfassungstreue, sagte er dem "Tagesspiegel". Zur gewaltbereiten linken Szene werden in dem Bericht 7.000 Personen gezählt. Seit der Auflösung der "Roten Armee Fraktion" im Frühjahr 1998 habe sich allerdings keine linke terroristische Bewegung mehr etablieren können, hieß es. Ausländische extremistische Organisationen hatten im vergangenen Jahr mit 59.700 mehr Mitglieder als je zuvor in den 90-er Jahren. Am stärksten seien nach wie vor die islamistischen Gruppen, allen voran die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs" mit 27.000 und die kurdische Arbeiterpartei PKK mit 19.500 Mitgliedern. Die Zahl der Straftaten ausländischer Extremisten stieg um 7,6 Prozent auf rund 2.500. Bei den Gewaltverbrechen verzeichnete der Verfassungsschutz sogar einen Zuwachs um 51,6 Prozent auf 391. Die drei Sorgen der Verfassungsschützer: Extremisten, Islamisten - und die PDS
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