Frankfurter Rundschau 06.04.2000 Türkei zahlt Dänen wegen Folter Schmerzensgeld Ankara "bedauert" Menschenrechtsverletzungen Die Türkei zahlt einem 43 Jahre alten Dänen kurdischer Abstammung, der in einem Kommissariat in Ankara misshandelt wurde, ein Schmerzensgeld in Höhe von umgerechnet rund 117 000 Mark. Darauf einigten sich nach Angaben des Europarats vom Mittwoch die Regierungen beider Länder. Eine von Dänemark im Januar 1997 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingereichte Staatenklage gegen die Türkei sei dank dieser gütlichen Einigung zu den Akten gelegt worden. STRASSBURG, 5. April (afp/dpa). Die türkische Regierung "bedauerte" in einer ebenfalls am Mittwoch in Straßburg veröffentlichten Erklärung, dass es in der Türkei "trotz der resoluten Aktion" der zuständigen Behörden "gelegentlich zu individuellen Fällen von Folter und Misshandlung" komme. Mittlerweile seien "neue gesetzliche und administrative Schritte" unternommen worden, um solche Vorkommnisse zu unterbinden. Unter anderem seien die Strafen für solche Verstöße gegen die Menschenrechte verschärft worden. Im konkreten Fall ging es um einen Mann, Mitglied einer Kurdenvereinigung in Dänemark, der am 8. Juli 1996 bei einem Besuch in Ankara festgenommen und zwei Tage in Polizeigewahrsam gehalten worden war. Während dieser Zeit wurde er nach eigenem Bekunden über etwaige Kontakte zur militanten Kurdenorganisation PKK befragt und dabei gefoltert. Der Mann sagte aus, er habe sich in einer Zelle im Keller des Polizeikommissariats ausziehen müssen und sei dann mit gefesselten Händen und verbundenen Augen mit Schlägen auf Rücken und Nacken, mit eiskaltem Wasser und heißer Luft misshandelt worden. Nach seiner Rückkehr nach Dänemark untermauerten ärztliche Gutachten diese Aussagen. Die dänische Regierung reichte daraufhin eine Klage gegen die Türkei beim Menschenrechtsgerichtshof ein. Dänemark und die Türkei vereinbarten den Angaben zufolge außerdem im November vergangenen Jahres einen "ständigen politischen Dialog". Im Rahmen dieses bilateralen Dialogs sollen auch Fälle mutmaßlicher Grundrechtsverletzungen angesprochen werden. Ein Diplomat in Straßburg wertete dies als "großen Fortschritt". Die Türkei, die mittlerweile zu den offiziellen EU-Aufnahmekandidaten gehört, sei offenbar bemüht, Vorwürfen über anhaltende Menschenrechtsverletzungen die Grundlage zu nehmen. Dänemark begrüßte die Äußerungen der türkischen Regierung ebenso wie die Maßnahmen, die Ankara seit Einreichung der Beschwerde 1997 zur Bekämpfung von Misshandlung und Folter unternommen hat. |