Süddeutsche Zeitung 15.04.2000 Das Geschäft geht vor Israel beharrt auf einem Waffenhandel mit China und belastet damit seine Freundschaft zu den USA Es sollte ein historischer Besuch werden, und Israel hatte alles dafür aufgeboten. Doch ehe die Maschine von Präsident Jiang Zemin auf israelischem Boden aufgesetzt hatte, sorgte der erste Besuch eines chinesischen Staatsoberhaupts für hässliche Schlagzeilen. Die Freundschaft mit den USA stehe auf dem Spiel, übertrieben die Massenblätter auf ihren ersten Seiten. Kurz bevor Israels Premier- und Verteidigungsminister Ehud Barak dem Staatsgast die Hand schütteln konnte, hatte der amerikanische Präsident Bill Clinton dem Israeli bei dessen Stippvisite in Washington ein Waffengeschäft mit den Chinesen auszureden versucht. Israel will noch in diesem Jahr ein chinesisches Transportflugzeug vom Typ Iljuschin-76 mit seinem Radar-Frühwarnsystem Phalcon aufrüsten. Der Deal ist den Chinesen 250 Millionen Dollar wert - und den Israelis einen Streit mit ihrem engsten Verbündeten, den USA. Die USA fürchten, dass China die israelische Radartechnik in einem möglichen Konflikt mit Taiwan einsetzen könnte, und drohen Israel mit dem Entzug militärischer Hilfe. Barak aber lehnt es unter Hinweis auf bereits unterschriebene Verträge und den drohenden Glaubwürdigkeitsverlust ab, von dem Geschäft zurückzutreten. Allerdings hofft man in Israel nun darauf, dass sich China mit einem Phalcon-System zufrieden gibt und seine Optionen auf drei bis sieben weitere nicht ausüben wird. Dass Israel sich mit seinem Hauptsponsor anlegt, der den Judenstaat jährlich mit drei Milliarden Dollar unterstützt, ist ziemlich ungewöhnlich. Ausgerechnet jetzt, wo der Friedensprozess stockt, müssen die Vereinigten Staaten wieder einmal den Moderator zwischen Barak und Palästinenserpräsident Yassir Arafat spielen. Selbst Parlamentspräsident Avraham Burg, qua Amtes zu innenpolitischer Neutralität verpflichtet, kritisierte, dass Israel es wage, die Verbundenheit mit Amerika aufs Spiel zu setzen. Israel sei schließlich auf die volle Unterstützung gerade jetzt angewiesen, da es bis Juli die israelischen Truppen aus der südlibanesischen Sicherheitszone abziehen will. Die Aufgeregtheit, mit der die US-Regierung Israel vom Waffendeal mit China abzubringen versucht, hat womöglich auch innenpolitische Gründe in den USA. Die Zeitung Washington Post zitiert Israelis mit der Vermutung, US-Politiker versuchten im Wahlkampfjahr, mit Äußerungen gegen das kommunistische China patriotische Stimmung zu schüren. In Jerusalem und in Tel Aviv wird darauf verwiesen, das Israel bereits vor vier Jahren das Verteidigungsministerium in Washington darüber informiert habe, dass es sich um den Auftrag der Chinesen für das Radarsystem bewerben werde. Auch als Israel den Zuschlag bekam, habe das Pentagon geschwiegen. Auf eine weitere "Ungerechtigkeit" weisen die israelischen Medien hin: Als Großbritannien und Frankreich Raketenabwehrsysteme an China hätten verkaufen wollen, hätten die USA keinen Einspruch eingelegt. Thorsten Schmitz |