taz 19.4.2000 Im Namen der Menschenrechte In Deutschland kommt der Aufbau eines Instituts nicht so schnell voran, wie viele es wünschen Die Bezeichnung klingt gut: Deutsches Menschenrechts-Institut. Und es gibt auch schon eine in Fachkreisen geläufige Abkürzung dafür: MRI. Doch mehr als einen Namen hat die unabhängige Einrichtung noch nicht, deren Entstehung die rot-grüne Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung sich verpflichtet hat, "zu unterstützen". Allein innerhalb von Europa gibt es in 34 Ländern derartige Institute, die die Einhaltung der Menschenrechte überprüfen, die Tätigkeiten der Nicht-Regierungsorganisationen koordinieren, Politik und Medien in Menschenrechtsfragen beraten und die Öffentlichkeit informieren. Nach dem Willen von Rot-Grün soll dies auch in der Bundesrepublik geschehen, nur wie, darüber sind sich die Exekutive und die Legislative noch nicht einig geworden. Immerhin hat der Deutsche Bundestag in dieser Legislaturperiode erstmals einen Menschenrechtsausschuss gebildet und dem Auswärtigen Amt wurde der für Menschenrechtsfragen zuständige Bürgerrechtler Gerd Poppe zugeteilt, auch wenn man von ihm öffentlich wenig wahrnimmt. Als das Forum Menschenrechte, ein Zusammenschluss von mehr als 40 an Menschenrechtsfragen arbeitenden Personen und Einrichtungen, kürzlich in Berlin zusammenkam, um den Stand der Dinge zu diskutieren, bestand wenigstens in einem Punkt Einigkeit: Das MRI soll eine unabhängige Einrichtung werden, in Form einer Stiftung oder eines gemeinnützigen Vereins, der bestenfalls dem Präsidium des Bundestags unterstellt werden könnte. Auf keinen Fall soll es an ein Ministerium angebunden werden, wie es im Herbst letzten Jahres noch Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) beabsichtigt hatte. Ihr Vorschlag stieß auf einstimmige Ablehnung im Menschenrechtsausschuss des Bundestages und ist inzwischen vom Tisch. Das Konzept, das die rot-grünen Regierungsfraktionen erarbeitet haben, sieht vor, dass dem oder der Menschenrechtsbeauftragten ein ähnlicher Status zuerkannt werden soll wie etwa dem Wehr- oder Ausländerbeauftragten. Das MRI solle Forschung und Bildungsarbeit betreiben, den menschenrechtspolitischen Dialog führen, die Menschenrechtsarbeit in Deutschland koordinieren und Projekte im Ausland unterstützen. Länderanalysen sollen erstellt werden zu einzelnen Konfliktherden. Doch was konkret mit den Länderanalysen geschehen und worauf sie basieren sollen, darüber besteht noch erheblicher Diskussionsbedarf. Die Regierungsfraktionen haben nun zunächst einmal die Opposition im Bundestag aufgefordert, sich an der weiteren Ausarbeitung des Konzeptes zu beteiligen, unabhängig davon, ob und wann Finanzminister Hans Eichel (SPD) die zwei Millionen Mark bewilligt, die für fünf Mitarbeiter in der Anfangsphase benötigt werden. Einmal abgesehen von der fehlenden Zustimmung des deutschen Kassenwartes soll die Abstimmung zwischen den Ministerien mittlerweile weitgehend abgeschlossen sein. Doch über den ministeriellen Akten-Verschiebebahnhof haben die mit Menschenrechts-Fragen befassten Abgeordneten so gut wie nichts erfahren. Die mangelnde Transparenz des Abstimmungsverfahrens wurde denn auch vom Menschenrechts-Forum kritisiert. Marianne Heuwagen |