Berner Zeitung (CH) 22.4.2000 Liberale Medien unter Druck Den konservativen, reformfeindlichen Kräften in Iran sind die liberalen Medien immer mehr ein Dorn im Auge. Revolutionsführer Ali Khamenei hat die liberale Presse beschuldigt, sie seien zu «Stützpunkten für den amerikanischen und zionistischen Feind» geworden. Die liberalen Zeitungen würden die Hoffnungen der Jugend zerstören und ihren Glauben in staatliche Organisationen schwächen. Khameneis Rede vor der Grossen Moschee von Teheran wurde vom überwiegend konservativen Publikum begeistert aufgenommen. Die Menge forderte in Sprechchören nicht nur den «Tod der USA», sondern auch die Ermordung von «journalistischen Söldnerschmierfinken», womit die Reporter der Reformpresse gemeint sind. Die Mehrheit der Bevölkerung beobachtet die Hasskampagne der Rechten mit Entsetzen. Der für Medienangelegenheiten zuständige iranische Vizeaussenminister Mohsen Aminzadeh beschuldigte das rechtsgerichtete Fernsehen der «psychologischen Kriegsführung». Die bei den Wahlen siegreiche Beteiligungsfront von Staatspräsident Khatami befürchtet, dass die neue Kampagne darauf abzielt, die konstituierende Sitzung des neuen iranischen Parlaments am 28. Mai zu verhindern. Einige Pessimisten wollen angesichts der von den Hardlinern bewusst geschürten Konfrontationsatmosphäre die Ausrufung des Ausnahmeszustandes nicht ausschliessen. M.W. |