web.de, 29.04.2000 17:27 Chatami bekräftigt Reformkurs in Iran Präsident fordert Anhänger zur Zurückhaltung auf Teheran (AP) Die Reformbemühungen in Iran sind nach den Worten von Präsident Mohammed Chatami nicht aufzuhalten. In einer Rede vor mehreren tausend Arbeitern in Teheran sagte er, die iranische Nation sei revolutionär und nichts könne Reformen stoppen. Angesichts des Vorgehens der Justiz gegen liberale Medien rief Chatami zur Ruhe auf. Das Reformbündnis Bewegung des Zweiten Chordad erklärte laut einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA, hinter dem jüngsten Verbot von 16 reformorientierten Tageszeitungen und Zeitschriften stehe eine «Macht-Mafia», die gegen die Chatamis Reformpläne kämpfe. Der Präsident wies Anschuldigungen zurück, die Reformer wendeten sich gegen den Islam und würden vom Ausland angestiftet. «Diese Regierung verteidigt fest den Islam und die Grundrechte dieses großartigen Landes», sagte Chatami. Am Samstag wurde die fundamentalistische Zeitung «Dschebhe» geschlossen. In einem Bericht des staatlichen Fernsehens hieß es, sie habe das Presserecht verletzt. Zuvor waren die islamischen Hardliner in die Kritik geraten, weil sie nur liberale Publikationen geschlossen hatten. Die fundamentalistischen Kräfte verloren bei der Wahl im Februar zum ersten Mal seit der Islamischen Revolution von 1979 die Kontrolle über das Parlament. Etwa 70 Prozent der Sitze gingen an Anhänger Chatamis. Für den 5. Mai sind Nachwahlen geplant, um die Verteilung von 66 Sitzen zu regeln, für die kein Kandidat die notwendige Mehrheit erlangte. Die Reformer befürchten, dass die Hardliner gewaltsame Auseinandersetzungen anzetteln wollen, um danach militärisch einzugreifen. Dann könnte der Notstand ausgerufen werden, was die für den 27. Mai geplante Eröffnung des neuen Parlamentes verzögern würde. In seiner Rede erklärte Chatami, das Volk habe ein Recht darauf, dass das Parlament pünktlich zusammentrete, forderte seine Anhänger jedoch gleichzeitig zur Zurückhaltung auf. «Es gibt Bemühungen, Spannungen in der Gesellschaft und eine gewaltsame Atmosphäre zu erzeugen, aber ich bitte das Volk, Ruhe zu bewahren», sagte er. Besonders Studenten und Arbeiter könnten seiner Ansicht nach das Ziel von Provokationen werden. Etwa 200 Studenten hatten am Freitag gegen die Schließung fast aller liberaler Zeitungen demonstriert. Die Bewegung des Zweiten Chordad schloss sich der Aufforderung Chatamis an. Sie erklärte nach einem Bericht von IRNA, die Hardliner versuchten, eine Krise zu provozieren, um ein hartes Eingreifen rechtfertigen zu können. |