Berliner Zeitung, 2.5.2000 Massiver Einsatz der Polizei zur Sicherung des 1. Mai in Berlin 150 Festnahmen bei Protesten gegen NPD-Kundgebung / Innensenator Werthebach will Versammlungsrecht verschärfen von unseren Korrespondenten BERLIN, 1. Mai. Die befürchteten Krawalle rechter und linker Extremisten bei Mai-Kundgebungen in Berlin sind bis zum Montagabend ausgeblieben. Polizei und Bundesgrenzschutz setzten mehr als 6 400 Beamte ein, um einen friedlichen Verlauf der Demonstrationen zu sichern. Der Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) äußerte sich zufrieden über den Einsatz, wollte jedoch vor Ende der Demonstrationen in der Nacht zu Dienstag keine Entwarnung geben. "Auch wenn bisher alles friedlich verlaufen ist, noch ist nicht aller Tage Abend", sagte er am Nachmittag. Er warnte vor Ausschreitungen autonomer Gruppen, die am Abend durch Kreuzberg und Neukölln ziehen wollten. Es sei "erstaunlich", sagte Werthebach, dass es auch bei der NPD-Kundgebung im Berliner Stadtbezirk Hellersdorf nicht zu Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Demonstranten gekommen sei. In den vorausgegangenen Tagen hatten der Innensenator und die Berliner Polizei vor schweren Zusammenstößen in Hellersdorf gewarnt. Die Polizei setzte mehr als 2 000 Beamte ein, um linke Gegendemonstranten von den NPD-Sympathisanten fern zu halten. 150 Personen wurden festgenommen. An der Kundgebung nahmen nach Polizeiangaben 1 200 Anhänger der NPD teil. Auch die so genannte erste "Revolutionäre-1.-Mai-Demonstration" verlief am Nachmittag friedlich. 2 500 kommunistische Türken, Kurden und Iraner zogen durch Kreuzberg und Neukölln. Flaschenwürfe in Fürth In anderen Städten war es bei Kundgebungen der NPD zu Ausschreitungen gekommen. In Ludwigshafen versuchten 400 linke Gegendemonstranten einen Marsch von 300 NPD-Anhängern mit Steinen und Feuerwerkskörpern anzugreifen. Dutzende Menschen wurden von der Polizei festgenommen. Zu Zwischenfällen kam es auch bei Kundgebungen in Fürth und Dresden. Dort kam es zu Sitzblockaden sowie Eier- und Flaschenwürfen. Bei einigen NPD-Anhängern beschlagnahmte die Polizei Baseballschläger, schwere Ketten und Messer. Nach den Ausschreitungen linksautonomer Demonstranten in der Nacht zu Montag in Hamburg nahm die Polizei rund 100 Randalierer fest. Wie die Behörde mitteilte, wurden bei den Krawallen 16 Beamte verletzt, zwei mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Gruppe von 100 Demonstranten hatte nach einem Protestmarsch im Hamburger Schanzenviertel mit insgesamt rund 500 Teilnehmern am Abend Barrikaden errichtet und angezündet. Trotz der weitgehend friedlich verlaufenden Kundgebungen will der Berliner Senat nach Angaben von Innensenator Werthebach in Kürze über eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Versammlungsrechts beraten. Dem Nachrichtensender "berlin aktuell 93.6" sagte er, ein entsprechender Bericht seiner Behörde zu den rechtlichen Möglichkeiten sei fast fertig. Nach Ansicht von Werthebach sollte sich aber auch der Innenausschuss des Bundestages mit diesem Thema beschäftigen. "Ich bin gerne bereit, Erfahrungen aus Berlin einzubringen", sagte er. Die Debatte um das Versammlungsrecht habe aber nichts mit dem 1. Mai zu tun, sondern mit den fortgesetzten Demonstrationen der NPD. (mit AP, dpa)
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