HANDELSBLATT, 6.5.2000

Iran: Anhänger Chatamis hoffen auf weitere Sitze im Parlament

Stichwahlen: Machtprobe zwischen radikalislamischen Kräften und Reformern

ap TEHERAN. Die Stichwahlen für 66 Sitze im iranischen Parlament waren am Freitag ein weiterer Test im Machtkampf zwischen den Reformern um Präsident Mohammed Chatami und den radikalislamischen Kräften. In der ersten Runde der Wahlen am 18. Februar hatten die Reformer eine absolute Mehrheit der insgesamt 290 Sitze in der Medschlis errungen. In der Zwischenzeit annullierte der Wächterrat jedoch zwölf Wahlsiege von Verbündeten Chatamis und erkannte einige Ergebnisse noch nicht an, so dass sie derzeit nur über 120 Sitze verfügen.

Insgesamt standen am Freitag rund 120 Kandidaten in den Kreisen zur Wahl, in denen im Februar die erforderliche Mehrheit verfehlt wurde. Der Termin für weitere Nachwahlen in Bezirken, deren Ergebnisse annulliert wurden, war noch nicht bekannt. So fanden auch in der Hauptstadt Teheran am Freitag keine Wahlen statt. Der Wächterrat hatte angedeutet, dass es in Teheran Wahlbetrug gegeben habe, wo die Reformer in der ersten Runde 29 von 30 Sitzen gewannen. Eine Entscheidung darüber traf er aber noch nicht. Die von Hardlinern dominierte Justiz schloss in den vergangenen Wochen auch 16 reformorientierte Zeitungen und ließ liberale Aktivisten festnehmen.