Frankfurter Rundschau, 8.5.2000 Satte Mehrheit steht zu Khatami "Wächterrat" stellt Parlamentswahlen in Iran in Frage Aus den Stichwahlen zum iranischen Parlament sind die Reformkräfte um Präsident Mohammad Khatami als eindeutige Sieger hervorgegangen. Der so genannte Wächterrat stellte die Gültigkeit der Wahlen am Wochenende allerdings in Frage. TEHERAN, 7. Mai (dpa/afp). In der zweiten Runde der Parlamentswahlen konnten die Reformer ihre Mehrheit weiter ausbauen. Nach amtlichen Ergebnissen vom Samstag gelang es ihnen, 46 weitere Sitze in der Nationalversammlung zu erobern. Damit verfügen sie im Parlament von Teheran nun vermutlich über 218 von 290 Mandaten. Das Parlament soll sich nach bisherigen Plänen am 27. Mai konstitutieren. Allerdings muss der so genannte Wächterrat, ein von den Konservativen kontrolliertes Gremium, dem Ergebnis noch zustimmen. Bei der Wahl im Februar sei massiver Wahlbetrug festgestellt worden, hieß es in einer am Sonntag im Fernsehen verlesenen Erklärung des Kontrollgremiums. Der Rat habe bei einer dritten Auszählung in Teheran in fast 90 Prozent der Wahlurnen manipulierte Stimmzettel gefunden. Mehr als zehn Prozent der Stimmzettel in 505 von 577 Wahlurnen seien von den Unregelmäßigkeiten betroffen gewesen. Die Konservativen konnten nach den Zahlen des Innenministeriums nur 15 der 66 Sitze gewinnen, die bei den Stichwahlen zu vergeben waren. Das Reformbündnis "Front der Beteiligung" unter Führung von Khatamis Bruder Mohammad-Resa ging damit auch aus der Stichwahl als klarer Sieger hervor. Die gemäßigten Kräfte hatten sich bereits in der ersten Runde Mitte Februar die absolute Mehrheit im Parlament gesichert, das bislang von den Konservativen dominiert wurde. In einer Erklärung, die von der amtlichen Nachrichtenagentur Irna verbreitet wurde, wertete die "Front der Beteiligung" den Wahlerfolg als "klare Botschaft an diejenigen, die in den vergangenen Monaten illegale Methoden benutzt haben". Weiter hieß es in der Erklärung: "Der Reformprozess ist unumkehrbar und wird trotz unzulässigem Druck und unzulässiger Hindernisse fortschreiten." Damit nahm das Reformbündnis unter anderem Bezug auf das Vorgehen der konservativen Justiz, die vor dem zweiten Gang der Parlamentswahl zahlreiche reformorientierte Zeitungen verboten hatte. Der seit nunmehr drei Jahren amtierende Präsident Khatami, der in den Anfängen seiner Amtszeit gegen die Konservativen regieren musste, verfügt im Teheraner Parlament nun über eine komfortable Mehrheit. Zu den ersten Initiativen, die das neue Parlament verfügen könnte, gehört die Abschaffung des strengen Pressegesetzes, das die Konservativen erst kürzlich verabschiedet hatten. |