Frankfurter Rundschau, 10.5.2000 EU-Annäherung Türkische Armee wendet sich gegen Todesstrafe ISTANBUL, 9. Mai (afp). Die türkische Armee hat nach einem Zeitungsbericht die Abschaffung der Todesstrafe gefordert, um die Chancen für den EU-Beitritt der Türkei zu verbessern. Diese Forderung sei Teil eines vom Militär ausgearbeiteten Maßnahmenpakets, berichtete die Zeitung Milliyet am Dienstag. Danach ist die Armee auch zu Verfassungsänderungen bereit, die ihre eigene Machtstellung schwächen würden. Die Beibehaltung der Todesstrafe und der Einfluss der Armee auf die Politik sind zwei der Haupthindernisse bei der weiteren Annäherung der Türkei an die Europäische Union. Das Land wurde im vergangenen Dezember als EU-Bewerber anerkannt. Die EU hat seitdem aber deutlich gemacht, dass es bis zum Beginn von Aufnahmegesprächen noch ein weiter Weg ist. Vorgelegt wurden die Vorschläge der Militärs bei einer Sitzung des beim türkischen Ministerpräsidentenamt angesiedelten "Hohen Koordinationsrates Menschenrechte" in der vergangenen Woche. Unter Berufung auf Teilnehmer des Treffens meldete Milliyet, die Armee habe vorgeschlagen, dass die Türkei das Protokoll des Europarats zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnen solle. Das Thema ist in der Türkei innenpolitisch besonders wegen des zum Tode verurteilten Chefs der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, sehr umstritten. Die Entscheidung über eine Vollstreckung von Öcalans Todesurteil liegt derzeit auf Eis.
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