Frankfurter Rundschau, 10.5.2000 "Die Methoden erinnern nun mal an die SS" Der Fall Akyüz und eine Scheibenwischer-Sendung mit Dieter Hildebrandt verärgern die CDU Von Dirk Altbürger Eine Kabarett-Sendung bringt die Wiesbadener CDU auf die Palme: In der Ausgabe des Scheibenwischers vom 12. April habe die ARD die Ausländerbehörde Wiesbaden verleumdet, starten die Christdemokraten zum Rundumschlag und wähnen die Mitarbeiter des Amtes wegen ihres Vorgehens in Zusammenhang mit der Familie Akyüz, mit SS-Schergen verglichen. Der Autor der Sendung, der Münchener Kabarettist Dieter Hildebrandt, sieht allerdings keinen Grund, auch nur einen Satz zurückzunehmen. WIESBADEN. Die CDU kennt offensichtlich nicht den Satire-Vorbehalt, aber das ist ja nichts neues , kommentiert der Münchener Kabarettist Dieter Hildebrandt die Reaktion der Wiesbadener Christdemokraten auf Passagen in Ausgabe seines Scheibenwischers vom 12. April. Darin hatte Hildebrandt den Fall der Familie Akyüz kabarettistisch aufgegriffen. Zum Hintergrund: Der Vater war im Februar zum zweiten Mal aus Deutschland ausgewiesen und abgeschoben worden, seiner in Wiesbaden lebenden Familie droht jetzt das gleiche Schicksal. In beiden Fällen hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden letztinstanzlich entschieden, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass Mitglieder der Familien Akyüz in der Türkei als Staatsfeinde gälten und einer Abschiebung durch die Ausländerbehörde der Stadt Wiesbaden somit unvermeidbar ist. Ähnlich argumentiert auch Oberbürgermeister Hildebrand Diehl (CDU): Im Fall Akyüz habe die Behörde einfach keinen Ermessensspielraum, wiederholte Diehl sich selbst vor ein paar Tagen. Hildebrandt hatte sich nun in seiner Sendung vom 12. April öffentlich darüber gewundert, was das für Leute seien, die einen Türken in sein Heimatland abschieben, aus der schon zweimal nach schweren Folterungen geflohen sei und die ihm jetzt auch noch die Familie hinterschickten. Wollen die vielleicht noch nachträglich in die SS eintreten? , so das Zitat, das die Wiesbadener CDU jetzt so auf die Palme bringt. Das seien schlimme Ausfälle, die in einem öffentlich-rechtlichen Sender keinen Platz haben sollten , ehrenrührigen Beleidigungen, schimpft der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Grella und sieht die Mitarbeiter der Ausländerbehörde einem Vergleich mit SS-Angehörigen ausgesetzt. In einem Gespräch mit der FR ist Dieter Hildebrandt allerdings nicht bereit, von seinen satirisch verpackten Vorwürfen an die Adresse der Ausländerbehörde abzurücken. Im Gegenteil, er legt sogar noch eins drauf und spricht von der Abschiebe- statt von Ausländerbehörde. Die Methoden der Abschiebung, wie etwa jemanden frühmorgens um fünf abzuholen, erinnere nun einmal an Methoden der SS. Auf den zusätzlich erhobenen Vorwurf, er beleidige mit diesem Vergleich die Opfer des Holocaust, empört sich nun wiederum der Kabarettist: Das sei einfach nur heuchlerisch, der Versuch, auf diese Weise vom eigentlichen Thema abzulenken, unglaublich. Es sei nun einmal bundesrepublikanische Wirklichkeit, dass im Zweifel lieber abgeschoben werde, als jemanden dazubehalten, selbst wenn die Menschen zu ihrer ursprünglichen Heimat keinen Bezug mehr hätten, schon lange in Deutschland lebten oder tatsächlich Gefahr liefen, in ihrer Heimat nicht besonders freundlich behandelt zu werden. Selbstverständlich hätte er im übrigen im Vorfeld zu seiner Sendung versucht, bei der Ausländerbehörde selbst den Sachverhalt zu ermitteln, sagte Hildebrandt im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau, und auch die Gegenseite zu hören, dort sei er aber nur abgewimmelt worden. Erfahren habe er jedenfalls nichts.
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