Frankfurter Rundschau, 11.5.2000 Tausende fliehen nach Freetown Mehrere westafrikanische Staatschefs haben dem Rebellenführer Foday Sankoh in Sierra Leone am Mittwoch mit einer Militäraktion gedroht, sollten seine Anhänger die Waffen nicht niederlegen. Die Regierung von Sierra Leone verlangte von der früheren Kolonialmacht Großbritannien die Entsendung von Kampftruppen. FREETOWN/NAIROBI, 10. Mai (dpa/afp). Auf ihrem Sondergipfel in der nigerianischen Hauptstadt Abuja haben die westafrikanischen Staatschefs erwogen, erneut ein Kontingent der Eingreiftruppe Ecomog nach Sierra Leone zu entsenden. Sie fordern dafür logistische und finanzielle Unterstützung der Vereinten Nationen. Sierra Leone verlangte von Großbritannien Hilfe durch Kampftruppen. Die britische Regierung unternehme nicht genug, um den Frieden durchzusetzen, sagte Sierra Leones Informationsminister Julius Spencer. In London lehnte Verteidigungsminister Jeoff Hoon hingegen die aktive Unterstützung der UN-Mission für Sierra Leone durch britische Soldaten ab. Britische Soldaten sicherten weiterhin der Flughafen Lungi ab, um ihre Evakuierungsaktion fortzusetzen. Bis Dienstagabend hatten sie 320 britische Bürger und Angehörige anderer EU- und Commonwealth- Staaten ins Nachbarland Senegal gebracht. Tausende verängstigter Bürger Sierra Leones flüchteten in die Hauptstadt Freetown. Sie suchen Schutz vor den Rebellen der Revolutionären Vereinigten Front (RUF), deren Mitglieder sich außerhalb der Stadt Gefechte mit Regierungstruppen lieferten. In der Metropole selbst blieb die Lage angespannt. Augenzeugen berichteten von mindestens zwei Schusswechseln zwischen Sympathisanten der Rebellen und Regierungsanhängern. Regierungstruppen eroberten am Mittwoch Masiaka, 65 Kilometer östlich der Hauptstadt Freetown, von der RUF zurück. Am Montag hatten sich die UN-Blauhelmsoldaten nach einem Schusswechsel aus Masiaka zurückziehen müssen, weil ihnen die Munition ausgegangen war. Berlin stoppt Abschiebungen Vgo BERLIN. Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Sierra Leone wird es es vorerst keine Abschiebungen aus Deutschland in das westafrikanische Land geben. Das Bundesinnenministerium hat das ihm unterstehende Asylbundesamt angewiesen, sämtliche Entscheidungen von Asylantragstellern aus Sierra Leone auszusetzen. Die Ausländerbehörden der Länder wurden von Innenminister Otto Schily (SPD) aufgefordert, Abschiebeandrohungen nicht zu vollziehen. Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass es für den westafrikanischen Staat keinen Asyllagebericht mehr gibt, auf den sich die Asyl- oder Ausländerbehörden bei ihren Entscheidungen berufen könnten. Der letzte Bericht stammt von 1998 und gilt als überholt.
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