taz Bremen 12.5.2000 Rüffel für "falsche-Libanesen-Ermittler" Freispruch für Kurden: Pass allein belegt gar nichts Auf die vermeintlichen Ermittlungserfolge, die die Innenbehörde in Sachen "falsche Libanesen" für sich reklamiert, fallen seit gestern weitere Zweifel. Eine 55-jährige Kurdin und ihr 35-jähriger Sohn sind in zwei Prozessen vor dem Bremer Amtsgericht von dem Vorwurf der Urkundenfälschung freigesprochen worden. Dabei zählen beide nach Erkenntnissen der Innenbehörde offenbar zum Kreis der bundesweit in die Schlagzeilen geratenen "500 libanesischen Asylbetrüger". Mutter und Sohn wurde vorgeworfen, statt mit ihrem echten türkischen Namen unter libanesischem Alias-Namen in Deutschland gelebt und amtliche Dokumente mit diesem falschen Namen unterzeichnet zu haben. Die Identität der Frau, die mit türkischem Pass unter türkischem Namen in Deutschland Asyl gesucht hat, bleibe zwar zweifelhaft, begründete der Richter den Freispruch. Der türkische Pass allein jedoch beweise nichts - zumal die Frau Dokumente vorlegte, die sie als die Libanesin mit dem Namen ausweisen, mit dem sie seit Jahren unterschreibt. Dem Richterwort, "im Zweifel für die Angeklagte", stimmte auch der Staatsanwalt zu. Im Verfahren gegen den Sohn beantragte er Freispruch mit den Worten: "Der Vorwurf der Urkundenfälschung ist in sich zusammengefallen." Der 35-jährige Sohn hätte nur nach einem Schuldspruch gegen die Mutter verurteilt werden können. Er war immer nur unter dem libanesischen Namen aufgetreten, den die Familie als ihren eigentlichen bezeichnet. "Bei ihm haben die Ermittler nicht mal eigene Nachforschungen angestellt", monierte sein Verteidiger Reinhard Engel. "Kein türkisches Dokument, nichts liegt vor." Dies sei umso bedenklicher, als der Senator die Fälle angeblich "falscher Libanesen" durch politische Äußerungen bereits bewertet habe. Auch Richter und Staatsanwalt äußerten sich irritiert über die lückenhaften Ermittlungen der Polizei. Unzweifelhaft sei nur: "Hier hat jemand die Behörden belogen." Unklar bleibe, "ob die türkische oder die libanesische Variante die richtige ist". Solange gebe es für Urkundenfälschung keine Belege, so der Richter. Auch sei es nicht seine Aufgabe, nach mangelhafter polizeilicher Ermittlung nun seinerseits die türkische Identität zu belegen. "Wenn es um Mord und Totschlag ginge, würde ich den Apparat in Bewegung setzen", wog er ab. Nicht aber für "diese Nachwehen" von längst verjährten Delikten. "Wenn die Ermittlungsbehörden ein anderes Urteil gewollt hätten, hätten sie Ergebnisse vorlegen müssen", so der Richter. Bei Schuldspruch sei höchstens eine Geldstrafe zu erwarten gewesen. Angesichts zahlreicher Dokumente, die die Verteidigung gestern vorlegte, fand er jedoch, "dass einiges auch für die libanesische Variante spricht." Nach einer Auskunft der libanesischen Botschaft ist die Geburt der angeklagten Mutter im Libanon registriert. ede
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