Kölner Stadtanzeiger, 15.5.2000 Kirche kontra Kreis "Rosenke hat Notlage Badays ausgenutzt" Presbyterium und Pfarrer sind enttäuscht pr Weilerswist - Felix Doepner zweifelt am Sinn seiner Gutgläubigkeit: "Wie konnte ich nur glauben, dass Landrat Rosenke unsere Bitte nicht ausnutzt?" Im Fall Ali Baday wirft der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Weilerswist dem Kreis Euskirchen jetzt erneut ein besonders "rigides Verfahren" und mangelnde Verhandlungsbereitschaft vor. Seit dem 21. Februar lebt der 19-jährige Ali Baday mit seiner Familie in Weilerswist im Kirchenasyl. Um ihm die Möglichkeit zu geben, an der Gesellenprüfung im Bäckerhandwerk teilzunehmen, nahm das Presbyterium Verhandlungen mit dem Kreis auf. Denn ohne rechtliche Regelung hätte Baday die Räumlichkeiten der Kirche nicht ohne Angst verlassen können, von den Behörden ergriffen und in die Türkei abgeschoben zu werden. Zu entsprechenden Verhandlungen, so Doepner, sei Rosenke aber zu keiner Zeit bereit gewesen. Vielmehr habe der Landrat die Verlängerung des Aufenthalts der Familie an "rigide Bedingungen" geknüpft. An Eides statt mussten die Badays laut Doepner versichern, dass sie einen bereits an den Petitionsausschuss gerichteten Antrag zurück ziehen und auch in Zukunft auf Rechtsmittel verzichten werden. Auf Kompromisse habe sich Rosenke nicht eingelassen. Das Angebot des Presbyteriums, den Antrag am Stichtag 30. Juni zurückzuziehen, falls bis dahin keine Entscheidung vorliegt, sei abgelehnt worden. Ganz so "freiwillig", wie der Kreis erklärt hatte, so Doepner, sei die Vereinbarung also nicht zustande gekommen: "Wir hatten ja keine andere Wahl". Hätte man das Angebot des Kreises ausgeschlagen, so hätte Ali Baday vergangenen Mittwoch nicht seine mündliche Gesellenprüfung ablegen können. Der Kreis dagegen spricht von einem "humanitären Zugeständnis" an die Familie Baday. Unter formal-juristischen Gesichtspunkten könne man dies auch durchaus so sehen, erklärte Harald Krehl, der stellvertretende Vorsitzende des Weilerswister Presbyteriums: "Eine Partei, die das 'C' in ihrem Namen führt, muss aber auch nach moralischen Maßstäben handeln." Rosenke, so Doepner, habe aber "mit der einen Hand humanitäre Zugeständnisse gemacht und mit der anderen gedroht". "Schlichtweg falsch" sei auch die Behauptung von Rosenkes Büroleiter Manfred Poth gewesen, dass sich die Familie Baday seit 1996 illegal in der Bundesrepublik aufhalte: "Wenn das stimmt, dann hätte die Gemeinde Weilerswist illegal Sozialhilfe gezahlt". Rechte wahrgenommen Nachdem das Verwaltungsgericht Aachen den Asylantrag der Familie Baday abgelehnt hatte, habe die Ausländerbehörde des Kreises die kurdische Familie im November 1996 zwar zur Ausreise aufgefordert. Aufgrund von Folgeanträgen und dem Einsatz weiterer Rechtsmittel sei die Duldungsfrist für die Badays aber immer wieder verlängert worden. "Die Familie hat nur ihre Rechte wahrgenommen", konstatiert Heinke Dehmel vom Presbyterium. Dies mit dem Stichwort "illegal" zu kommentieren, so Harald Krehl, lasse Rückschlüsse zu, wie der Aufenthalt der Familie in Deutschland vom Kreis beurteilt wird. Die Familie, so Heinke Dehmel, habe große Angst vor einer Abschiebung in die Türkei: "Wir wissen nicht genau, was auf die Familie zukommt". Jede kurdische Familie, die in die Türkei zurückkommt, werde aber in Gewahrsam genommen und verhört - Tage oder Monate lang. Außerdem müsste Ali Baday in der Türkei zum Militär. Dort hätten Kurden laut "amnesty international" mit großen Problemen zu rechnen. Es werde auch von ungeklärten Todesfällen berichtet.
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