Leipziger Volkszeitung, 16.5.2000 Konsulatsbesetzer zu Gefängnisstrafen verurteilt Richter hoben Haftbefehle gegen sieben Kurden auf - sie halten Angeklagte nicht für Drahtzieher der Aktion Im Prozess um die Besetzung des griechischen Generalkonsulats am 16. Februar 1999 in Leipzig durch Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK hat das Landgericht Leipzig gestern Haftstrafen von bis zu drei Jahren verhängt. Wie berichtet, waren damals drei Personen als Geisel genommen worden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurden die Haftbefehle gegen die sieben Angeklagten, die 15 Monate lang in Untersuchungshaft saßen, aufgehoben. Sie kamen somit gestern auf freien Fuß. Es bestehe, nachdem der Prozess nun abgeschlossen sei, keine Fluchtgefahr mehr, hieß es zur Begründung. Ob und wann die Angeklagten die Reststrafe antreten, stehe momentan noch nicht fest. Das Landgericht ging entgegen der ursprünglichen Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht davon aus, dass die Besetzer die Aktion als zum Teil hochrangige PKK-Funktionäre leiteten. Sie seien vielmehr "von Hintermännern" beziehungsweise "verantwortungslosen Funktionären der PKK" gesteuert worden, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Niemeyer. Die eigentlichen Organisatoren der Aktion, die aus Wut und Empörung über die Verschleppung von Öcalan in die Türkei stattfand, seien nicht unter den Angeklagten. Die Richter hielten den sieben Kurden - darunter eine Frau - zugute, dass die Geiselnahme der drei Beschäftigten eines in dem Gebäude befindlichen Steuerberatungsbüros nicht geplant war, sondern einem spontanen Entschluss entsprang. Es könne aber nicht hingenommen werden, dass aus politischen Motiven heraus Leute in Angst um ihr Leben versetzt werden und Schäden von knapp 100.000 Mark angerichtet werden," hieß es in der Urteilsbegründung. Die Geiseln, unter denen sich eine damals 14-jährige Praktikantin befand, hatten nach etwa zehn Stunden von der Polizei unverletzt befreit werden können. Die Richter sprachen gestern sechs Kurden der Geiselnahme im minderschweren Fall und des schweren Hausfriedensbruchs für schuldig. Das mildeste Urteil erhielt der siebente und jüngste Angeklagte. Als Mitläufer kam der 21-Jährige wegen Landfriedensbruchs und schweren Hausfriedensbruchs mit zwei Jahren Haft auf Bewährung davon. Alle hatten seit Prozessbeginn Anfang Dezember vorigen Jahres geschwiegen und erst am vorletzten Prozesstag vorige Woche überraschend eingeräumt, an der Aktion beteiligt gewesen zu sein. Das Urteil ist bereits rechtskräftig, da weder Staatsanwaltschaft noch Angeklagte Revision einlegen wollen. Die 66 weiteren an der Besetzung beteiligten Kurden waren Mitte 1999 vor dem Amtsgericht wegen Landfriedensbruchs zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Sabine Kreuz
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