Frankfurter Rundschau, 17.5.2000 Eintritt für sieben Flüchtlinge BMI reagiert verunsichert auf Selbstmord am Flughafen Von Ursula Rüssmann (Frankfurt/M.) Der Selbstmord der Asylbewerberin Naimah H. im Frankfurter Flughafen-Transit hat das Bundesinnenministerium offenbar aufgeschreckt. Wie die FR erfuhr, ließ das BMI seitdem sieben Flüchtlinge aus humanitären Gründen einreisen, die fast alle seit drei oder mehr Monaten am Airport festsaßen. Der Evangelische Regionalverband Frankfurt erklärte dazu: "Eine solche humanitäre Entscheidungspraxis hätten wir uns schon früher gewünscht." Am heutigen Mittwoch beschäftigen sich der Innen- und Menschenrechtsausschuss des Bundestages mit dem Selbstmord Naimah H.s und den Konsequenzen für das Flughafen-Asylverfahren. Die Parlamentarier dürften dabei auch Informationen über den Fall des iranischen Asylbewerbers M. interessieren, der am 9. Mai, drei Tage nach dem Selbstmord, einreisen durfte. M. hatte seit dem 17. Oktober im Frankfurter Flughafentransit festgesessen. Drei Appelle seines Anwalts an das BMI waren zuvor unbeantwortet geblieben, den "schwerst suizidgefährdeten" Mann einreisen zu lassen. Der iranische Student war nach eigenen Angaben im Zuge der Studentenunruhen in Iran Ende vergangenen Jahres nach Deutschland geflohen. Nachdem sein Asylantrag im Flughafenverfahren abgelehnt wird, folgt seinem Rechtsanwalt Andreas Cochlovius zufolge Anfang Dezember der Selbstmordversuch: M. läuft in eine Glasscheibe. Er wird daraufhin kurz ins Krankenhaus gebracht, das ihn im Befund als "verzweifelt, hoffnungslos" beschreibt und ihm Medikamente gegen Depressionen verordnet. Gegen seine Angstzustände erhält M. seither Beruhigungsmittel. Erstmals appellierte Cochlovius im Februar erfolglos an Bundesgrenzschutz und BMI, seinen Mandanten einreisen zu lassen. Den dritten Appell schrieb er am 3. Mai. Nach seiner Einreise wurde M. laut Cochlovius in eine Kölner Asylunterkunft gebracht, die sich auf einem Containerschiff befindet. M. konnte, so der Anwalt, nicht nach Iran abgeschoben werden, weil Teherans Botschaft Zwangsvorführungen von Betroffenen zur Passbeschaffung ablehnt. Nach Angaben des Evangelischen Regionalverbandes, der mit der Caritas die Flüchtlinge am Airport betreut, ist die hohe Zahl von Einreiseerlaubnissen seit dem 6. Mai "völlig ungewöhnlich". Einreisen durfte auch eine Chinesin, die die Leiche Naimah H.'s entdeckt hatte. Die Frau lebte mit ihrem Kind seit mehr als 100 Tagen im Transit. Die Organisation Pro Asyl stellte mit Blick auf Parellelen zwischen den Schicksalen des Iraners M. und Naimah H.'s die Frage, ob "Untätigkeit im BMI Methode" habe. Unter Rot-Grün habe sich die Situation für Flüchtlinge am Flughafen "noch verschärft", rügte Sprecher Heiko Kauffmann am Dienstag.
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