yahoo, 16.05.2000 20:14 Sezer als Präsident der Türkei vereidigt Schutz von Menschenrechten und Rechtsstaat als oberste Ziele genannt - Schröder äußert Hoffnung auf weitere Demokratisierung Ankara (AP) Eineinhalb Wochen nach seiner Wahl ist Ahmet Necdet Sezer am Dienstag als zehnter Präsident der Türkei vereidigt worden. Der Vorsitzende Richter des Verfassungsgerichtes bezeichnete es vor dem Parlament in Ankara als seine oberste Pflicht, die Menschenrechte und den Rechtsstaat zu schützen. Mit dem 58-jährigen Juristen verbinden sich Hoffnungen auf eine Demokratisierung des Landes. Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte in einem Glückwunschtelegramm die Überzeugung, dass die Türkei unter Sezers Führung die Entwicklung zu gefestigter Demokratie vollenden werde. Er werde sich für Meinungs- und Religionsfreiheit und für den Schutz der Arbeitnehmer einsetzen, kündigte Sezer weiter an. An die Generäle gewandt sagte er: «Es ist und bleibt unsere Pflicht, die Streitkräfte zu stärken.» Die Militärs verstehen sich als Garant des laizistischen Staates. Der Kommentator der proislamischen Zeitung «Yeni Safak», Fehmi Koru, sagte, Sezers Wahl stehe für den Willen nach mehr demokratischen Rechten. Das Parlament habe einen echten Demokraten an die Spitze des Staates berufen. Sezer, der die Nachfolge von Süleyman Demirel antritt, ist erst der vierte Zivilist im höchsten Staatsamt. Er ist für sieben Jahre gewählt. Der Jurist hat sich öffentlich für eine Verfassungsreform eingesetzt. Mehrfach erklärte er, die unter Kontrolle der Streitkräfte nach dem Militärputsch von 1980 eingesetzte Verfassung schränke grundlegende Rechte ein. Auch sein neues Amt hält Sezer für reformbedürftig. Die Macht des Staatspräsidenten übersteige die Grenzen der Demokratie. Er bezog sich vor allem auf das Vetorecht und die Befugnis, unter bestimmten Bedingungen Neuwahlen anzusetzen. Sezer wandte sich auch gegen Einschränkungen beim Gebrauch der kurdischen Sprache in Schulen und Medien. Unmittelbar nach seiner Wahl Anfang des Monats hatte er erklärt, im sozialen und politischen Leben des Landes habe sich noch kein Demokratieverständnis entwickelt. Sezer gab am Dienstag sogleich eine Kostprobe seines Amtsverständnisses und ließ den Präsidentenkonvoi an jeder Ampel halten. Schröder schrieb, Sezers Amtsführung als Präsident des Verfassungsgerichts sei von seinem Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geprägt gewesen und habe weit über die Landsgrenzen hinaus große Aufmerksamkeit gefunden. Die Türkei sei für Deutschland weiter ein verlässlicher Partner bei der Verfolgung der gemeinsamen Ziele. Er hoffe, dass Ankara den Weg zur Europäischen Union weiter fortsetzen werde. In einem Telegramm an Demirel brachte Schröder Anerkennung über dessen politische Leistung zum Ausdruck. Demirel habe in seiner Amtszeit die Modernisierung der Türkei vorangetrieben und entscheidend mitgestaltet, schrieb der Kanzler.
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