Frankfurter Rundschau, 18.5.2000 Union dringt auf ein Einwanderungsgesetz Kanzler Schröder warnt die SPD vor einer Falle Von Helmut Lölhöffel Die Unionsparteien wollen "massiv" ein Einwanderungsgesetz vorantreiben. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warnt aber seine Partei vor, der CDU/CSU "in die Falle" zu laufen. Er ist gegen ein solches Gesetz und will nur konkrete Regelungen von Fall zu Fall. BERLIN, 17. Mai. Nach eine, "Strategiegipfel" der Spitzenpolitiker von CDU und CSU am Mittwoch in Berlin verkündete der bayerische Ministerpräsident und Vorsitzende der CSU, Edmund Stoiber, die Positionen zwischen den beiden Unionsparteien zur Einwanderungsbegrenzung seien "klar". Wiederholt berief er sich auf Bundespräsident Johannes Rau, der in seiner Rede zur Integration von Ausländern empfohlen hatte, "die Bedingungen der Zuwanderung ... verbindlich (zu) regeln". "In aller Massivität" werde die CDU/CSU darauf dringen, dass ein geschlossenes Konzept entworfen werde, sagte Stoiber. Für die Bundesrats-Sitzung am 9. Juni werde eine Entschließung aller unions-regierten Länder vorbereitet. Die von Deutschland erbrachte "Integrationsleistung ist kapazitätsmäßig nicht ausdehnbar", sagte der CSU-Chef. Er wolle mit Hilfe von Raus Aussagen die Bundesregierung "in die Haftung zwingen". Erneut sprach sich der bayerische Ministerpräsident dafür aus, das Grundrecht auf Asyl so umzuwandeln, dass es "etwas flexibler" gehandhabt werden könne. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel schloss sich Stoiber an und bemängelte, dass Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) seinen Worten keine Taten folgen lasse. Schily sei dafür verantwortlich, dass in der Europäischen Union die Asylsuchenden ungleichmäßig verteilt sind. Kanzler Schröder warnte in einer Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion vor einer "abstrakten" Diskussion über ein Zuwanderungsgesetz. Er sei dafür, "konkrete" Regelungen zu verabschieden, wenn es erforderlich wäre. Die SPD dürfe nicht in eine "Falle" gehen und sich auf eine von der Union gewünschte neue Debatte über das Asylrecht abdrängen lassen, "das wir nicht ändern wollen". Er, Schröder, habe die Sorge, dass in der Bevölkerung und in weiten Teilen der sozialdemokratischen Wählerschaft dann eine Stimmung entstünde, die konkrete Regelungen verhindere. Er sei sich bewusst, dass seine Green-Card-Initiative für Computer-Fachleute nur erfolgreich gewesen sei, weil die Wirtschaft sie unterstützt habe. Deshalb sei die Gegenkampagne der CDU gescheitert. Raus Worte interpretierte Schröder so, dass er nicht ausdrücklich ein Gesetz, sondern "Regeln" angemahnt habe. Mögliche Verordnungen über begrenzte Zuwanderung sollen Kanzleramts-Chef Frank Walter Steinmeier, Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin und SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler vorbereiten. Zu den Ergebnissen des Treffens von Merkel und Stoiber gehört auch die Feststellung, dass Deutschland dringend eine große Steuerreform benötige, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen und Arbeitsplätze zu schaffen. Diese werde auch "die Handschrift der Union tragen". Eine Rentenanhebung in Höhe des Inflationsausgleichs von lediglich 0,6 Prozent zum 1. Juli sei zu gering. Es müsse mindestens ein Prozent sein.
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