web de 25.05.2000 17:15 Nach Abzug Israels feiern hunderte Libanesen an der Grenze - Abendmeldung Israel erwartet von Beirut und Damaskus Einhaltung des Friedens - Demonstrationen am Grenzübergang Fatima Metulla/Israel (AP) Einen Tag nach dem Abzug der israelischen Truppen aus Südlibanon haben am Donnerstag hunderte bewaffnete Hisbollah-Kämpfer und Zivilisten entlang der israelischen Nordgrenze gefeiert. Nur ein halb fertiger Zaun trennte in einigen Abschnitten die jubelnden Libanesen und die Soldaten auf israelischer Seite. Einige Feiernde warfen Flaschen und Brandbomben über den Stacheldrahtzaun, die meisten aber blieben friedlich und wollten vor allem einen Blick über die Grenze werfen, der ihnen über zwei Jahrzehnte lang verwehrt worden war. Am früheren Hauptgrenzübergang Fatima demonstrierten hunderte Libanesen gegen den jüdischen Staat. Sie riefen Hisbollah-Parolen und, nach Israel gewandt: «Wir werden euch töten». Einige feuerten in die Luft, andere setzten ein von den Israelis zurückgelassenes Auto in Brand. Bewaffnete Sicherheitskräfte, offensichtlich Angehörige der Hisbollah-Miliz, konnten die Menge jedoch davon abhalten, Steine zu werfen. Die israelischen Soldaten hatten die strikte Weisung, nur zur Selbstverteidigung zu schießen. Wegen des überstürzten Rückzuges der israelischen Armee aus der Sicherheitszone sind die Grenzanlagen vielerorts noch unvollständig. An einigen Stellen bilden halb fertige Zäune die einzige Trennlinie zwischen Libanon und Israel, die sich formal noch immer als Kriegsparteien gegenüberstehen. Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak machte Syrien und Libanon am Donnerstag für die Einhaltung des Friedens entlang der Nordgrenze seines Staates verantwortlich. Nach dem vollständigen Abzug der israelischen Truppen gebe es keine Legitimation, keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung mehr für Angriffe auf israelische Soldaten oder Zivilisten, sagte Barak. Er kündigte an, Beirut und Damaskus für mögliche Grenzattacken der schiitischen Hisbollah-Miliz direkt verantwortlich zu machen. Schießereien und Raketenangriffe würden künftig als «kriegerische Handlungen» betrachtet, erklärte Barak weiter. Hoss kündigt Zusammenarbeit der Hisbollah mit UN an Nachdem sich Israel am Mittwoch nach mehr als 20 Jahren Militärpräsenz aus Südlibanon zurückgezogen hatte, rückten Kämpfer der Hisbollah in die verlassenen Stützpunkte vor und übernahmen die Kontrolle. Der libanesische Ministerpräsident Salim Hoss kündigte am Donnerstag, der zu einem libanesischen Feiertag erklärt wurde, in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN an, dass die Hisbollah mit den UN-Truppen zusammenarbeiten werde. Diese würden ihrerseits mit der libanesischen Regierung kooperieren. Der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte beschlossen, die derzeit 4.500 Mann starke UN-Truppe in Libanon auf 8.000 Mann aufzustocken. Der UN-Gesandte Terje Roed-Larsen traf am Donnerstag in der libanesischen Hauptstadt Beirut ein, um über die Rolle der UN-Soldaten zu sprechen. Die USA forderten unterdessen Syrien auf, seine Truppen aus Libanon abzuziehen. Syrien hat zirka 30.000 Soldaten im Nachbarland stationiert. Nach israelischen Angaben suchten fast 7.000 Mitglieder der mit Israel verbündeten Miliz Südlibanesische Armee (SLA) und ihre Familien Zuflucht in Israel. Israel hatte die SLA ins Leben gerufen, um die so genannte Sicherheitszone gegen die Hisbollah verteidigen und damit Angriffe auf den Norden Israels abwehren zu können. Mit dem Abzug der israelischen Armee fiel auch die SLA auseinander.
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