Die Welt, 27.5.2000 Verfassungsschutz warnt vor Krawallen bei Chatami-Besuch Sorge wegen iranischer Oppositioneller - Öffnung Teherans gegenüber Deutschland soll sabotiert werden Von Roland Nelles Köln/Berlin - Die deutschen Sicherheitsbehörden beobachten mit zunehmender Sorge die Aktivitäten iranischer Exil-Oppositioneller in Deutschland. Die Volksmudschahedin Iran, die schlagkräftigste und militanteste iranische Oppositionsgruppe, nutze Deutschland als Basis für Propagandaaktionen und zur Geldbeschaffung, heißt es beim Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Bei dem bevorstehenden Besuch des iranischen Präsidenten Chatami sei mit "massiven Protestaktionen" dieser Organisation zu rechnen. Den Besuch Chatamis hatten Außenminister Joschka Fischer und die iranische Führung erst unlängst bei einer Teheran-Visite Fischers vereinbart. Nach einem Termin für den Besuch wird noch gesucht. Aus Sicherheitsgründen ist geplant, die Reise kurzfristig anzusetzen. Die Volksmudschahedin und der ihr verbundene Nationale Widerstandsrat Iran werden bereits seit geraumer Zeit vom Verfassungsschutz genau beobachtet. Die meist kommunistischen Anhänger der beiden Organisationen kämpften in den siebziger Jahren gemeinsam mit den Islamisten um den Ayatollah Khomeini gegen das Schah-Regime in Persien. 1979/80 waren Volksmudschahedin an der Besetzung der amerikanischen Botschaft in Teheran beteiligt. Nach der Machtübernahme Khomeinis und der Gründung der Islamischen Republik Iran wurden die Volksmudschahedin jedoch von den radikalen Khomeini-Anhängern vertrieben. Seitdem führen sie im Iran mit Unterstützung des irakischen Diktators Saddam Hussein einen blutigen Untergrundkampf gegen die Mullahs. Deutschland hat sich inzwischen zu einer der wichtigsten Auslandsbasen der Volksmudschahedin entwickelt. Der vorsichtige Liberalisierungskurs des iranischen Präsidenten Chatami habe die auf gewaltsame Konfrontation ausgerichtete Organisation in eine "Motivations- und Legitimationskrise" gestürzt, heißt es beim Verfassungsschutz. Die Volksmudschahedin bemühten sich daher, durch Propagandaaktivitäten im Westen die Annäherung des Iran an Deutschland, Frankreich oder auch die USA zu verhindern. Unlängst durchsuchte das Bundeskriminalamt in Hamburg und Bergisch-Gladbach Objekte der Flüchtlingshilfe Iran e. V., die Spenden sammelt. Laut Verfassungsschutz handelt es sich bei der "Flüchtlingshilfe" um eine Tarnorganisation der Volksmudschahedin. Außerdem versuche die Oppositionsgruppe Sozialleistungen in Deutschland zu erschleichen, heißt es beim Verfassungsschutz.
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