Göttinger Tageblatt, 29.5.2000 Zu Gast in Göttingen: Regisseurin Yesim Ustaouglu Der Film, der auf der Berlinale 1999 den Friedenspreis erhalten hat, thematisiert die Situation der Kurden in der heutigen Türkei. In beeindruckender Weise zeigt er eine seltene Innensicht der Situation dieser Menschen. Es ist Yesim Ustaouglus zweiter Spielfilm, doch schon hat sie es zu einer Art Meisterschaft in der genauen Menschenzeichnung und einer impressionistisch-grandios anmutenden Bildersprache gebracht. Dies ist nicht zuletzt Jaczek Petryckis Verdienst, der als Kameramann sonst mit dem renommierten polnischen Regisseur Kieslowski zusammenarbeitet. Yesim Ustaouglu schickte ihm das Drehbuch, er kam nach Istanbul und war spontan begeistert von ihren Ideen. In der Türkei selbst war man weniger begeistert über den Film. Man schwieg ihn einfach tot, obwohl er in den Kinos gezeigt wurde. "Mir geht es in dem Film um eine Art der Reinheit, Unschuld und starke Freundschaften, die die Menschen gegen die feindselige Welt schützen, sie stark genug machen, Kämpfe zu überstehen", erzählt die Regisseurin. "Auch innerhalb des Filmteams sind wir uns während des Drehs sehr, sehr nahe gekommen." Und das merkt man dem Film auch an. Die Schauspieler, größtenteils Laien, geben viel von sich preis und spielen außergewöhnlich gut. Diese hohe Authentizität macht den Charme des Films aus. Am Ende bringt der junge Mehmet seinen toten Freund in einer langen Odyssee zurück in dessen Dorf. Doch hier findet er nur Verwüstung vor: Das Dorf ist überflutet. Das Schlussbild zeigt den in die See hinaustreibenden Holzsarg. "Das hat für mich eine paradoxe Bedeutung", sagt Yesim Ustaouglu, "es war immer der nicht zu verwirklichende Traum Berzans zurückzukehren. Das Ziel der Träume aber existiert gar nicht mehr." Ein offener Schluss voller Poesie und ausdeutbarer Symbolik. Text: A. Lauterbach / Foto: C. Fey, Göttingen
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